Die französische Global Bioenergies (GBE) ist das, was Investoren gemeinhin als Erfolgsstory handeln. Tatsächlich hat sich der Gewinner des „EuropeBio’s Most Innovative European Biotech SME Award 2012“ gut entwickelt.
Gasförmige Olefine, darunter auch Isobuten – Ausgangsstoff für Treibstoff – stehen im Fokus des seit 2011 an der NYSE Alternext in Paris gelisteten Unternehmens. Was unspektakulär klingt, war nicht ganz einfach zu realisieren. Denn Mikroorganismen, die Zucker auf natürliche Weise in gasförmige Olefine konvertieren, sind bisher nicht bekannt. Die Lösung des Problems: modifizierte Enzyme und künstliche Stoffwechselwege – eingebaut in Bakterien liefern sie die perfekte Ressource für Stoffe, die bisher nur in fossilen Quellen zu finden waren. Die Idee der gasförmigen Olefine hat zwei Vorteile: erstens, ein kostspieliger Destillationsprozess entfällt und zweitens, die Konzentration der Kohlenwasserstoffe im Fermentationstank erreicht nie toxische Werte – beides erhöht Ausbeute und senkt Kosten.
Kein Wunder also, dass der Prozess auch den deutschen Autohersteller Audi hat aufhorchen lassen. In 2014 unterzeichneten der Ingolstädter Autobauer und die Franzosen eine Kooperation zur Entwicklung eines Herstellungsprozesses für Isooctan aus biobasiertem Isobuten.
Die großtechnische Produktion ist mit der in 2015 startenden Pilotanlage am Fraunhofer „Center for Chemical-Biotechnological Processes“ in Leuna gesichert. Die 600 m2 Fabrik, gemeinsam mit der Linde Group und Fördergeldern des BMBF konstruiert, soll jährlich 100 Mio. Tonnen an Isobuten liefern. Isobuten ist nicht nur Ausgangsstoff für Benzin, es kommt auch in der Plastik-, Plexiglas- und Gummiproduktion zum Einsatz und besitzt laut GBE ein Marktvolumen von mehr als 25 Mrd. USD.
IPO 2,9-fach überzeichnet
Neben Isobuten kann GBE auch Butadien und Propylen mittels bakterieller Fermentation erzeugen. Die wichtigen Plattformchemikalien werden in der organischen Chemie und verarbeitet in zahlreichen Industrien genutzt. Das globale Marktpotenzial dieser drei Verbindungen prognostiziert GBE auf rund 300 Mrd. USD. Durch eine Partnerschaft mit Synthos, einem der größten Chemieunternehmen in Osteuropa, soll nun das Butadien-Potenzial gehoben werden. Synthos stellt Butadien-basierten Gummi, hauptsächlich für Reifen, her.
Auch der Markt für Propylen ist nicht zu verachten – 2013 lag die globale Produktion bei rund 80 Mio. Tonnen mit einem finanziellen Gegenwert von etwa 100 Mrd. USD.Einziger Wermutstropfen der GBE-Technologie: bisher verspeisen die Mikroorganismen noch den Zucker aus Lebensmitteln und konkurrieren deshalb mit dem Teller. Die Geschäftsidee überzeugte dennoch bereits vor dem Börsengang zahlreiche Kapitalgeber – in mehreren Finanzierungsrunden flossen insgesamt etwa 34 Mio. EUR an Wagniskapital. Beim Börsengang im Juli 2011 wurden 6,6 Mio. EUR eingesammelt, das IPO war 2,9 fach überzeichnet und der Aktienkurs zog innerhalb von 3 Jahren vom Ausgabepreis (19,80 EUR) auf stattliche 46,30 EUR (4. April 2014) an – ein Plus von mehr als 130 %.
Investment erfordert Geduld
Mittlerweilen hat sich die Euphorie etwas gelegt, wohl auch weil die Umsätze, trotz erster Erfolge hinsichtlich verschiedener Kooperationen, bisher limitiert sind. Langfristig spricht aber einiges dafür, dass das Geschäftsmodell – die Lizenzierung der Technologie an diverse Industrieunternehmen – für relevante Umsätze sorgen dürfte. Denn selbst wenn fossile Rohstoffe noch eine zeitlang sprudeln, ihre Nutzung ist schon auf Grund von Umweltproblemen limitiert. Nachhaltige Produkte werden damit zunehmend interessanter. Ein finanzielles Engagement bei GBE könnte sich also auszahlen, erfordert jedoch Geduld, wie ein Blick auf die Geschäftszahlen im 1. Halbjahr 2014 zeigt.
Die Betriebsausgaben stiegen gegenüber dem vergangenen Halbjahr um 22,5 % auf 5,3 Mio. EUR – aktuell ein Wachstumsindikator. Die betrieblichen Erträge von rund 1,3 Mio. EUR stammen vorwiegend aus der Kooperation mit Synthos, weitere Erträge bedürfen neuer Lizenzvereinbarungen. Dank der Cash-Position von 19,5 Millionen Euro (Stand 30. Juni 2014) ist die nahe Zukunft gesichert. Auch wenn angesichts des Nettoverlustes von 3,9 Mio. EUR ein „Return on Investment“ noch Zukunftsmusik ist – einen Grund, sich nicht eingehender mit der Wachstumsstory von GBE zu befassen, gibt es nicht.
Hier gibt es Chart und Finanzdaten zu Global Bioenergies