Der lange Weg zum Homo Globalis

Äußerungen, globale Eliten würden an der Etablierung einer grenzenlosen Welt mit Weltbürgern und einer Weltregierung arbeiten, werden als Verschwörungstheorien verlacht. Diejenigen, die solche Aussagen von sich geben, werden in der Öffentlichkeit nicht nur als Verschwörungstheoretiker gebrandmarkt und von jeglicher Debatte ausgeschlossen, sie werden von Soziologen und Psychologen immer häufiger sogar pathologisiert. Dabei ist eine Weltordnung, die eine “Demokratie ohne Grenzen”, ein Weltbürgertum und jüngst sogar eine Weltreligion fordert, keineswegs der Ausfluss kranker Gehirne, sie ist vielmehr ein seit langem gehegter Plan. Dieser Plan ist auch keine ominöse Verschwörung, denn er wird von den beteiligten Individuen schon immer offen und für jeden frei zugänglich kommuniziert.

Im August diesen Jahres forderten die BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südfrika) – zu denen ab Januar auch Argentinien, Ägypten, Iran, Äthiopien, Saudi Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate gehören werden – auf ihrem Gipfeltreffen in Johannesburg, Südafrika, eine multipolare und gerechtere Welt und plädierten zudem für den Umbau der Vereinten Nationen (UN). Mit diesen Forderungen scheint sich endlich das zu erfüllen, wovon die Baumeister der Idee einer Weltregierung schon seit Jahrzehnten träumen – der freiwilligen Zustimmung aller Nationen. Mehr als 70 Jahre mussten seit der Gründung der UN ins Land ziehen, bis sich auch die letzten Skeptiker mit einer planetarischen Gesellschaft zumindest anfreunden konnten.

Für Antonio Guterres, seines Zeichens UNO-Generalsekretär, geht eine multipolare Welt allerdings nicht weit genug. Guterres fordert, dass die Multipolarität von starken und wirksamen multilateralen Institutionen unterstützt werden muss, nur so ließen sich Frieden, Gleichheit und Gerechtigkeit sowie eine ruhige bzw. Globale Gemeinschaft gewährleisten. Und wo diese multilateralen Institutionen angesiedelt sein werden, dürfte klar sein – bei den Vereinten Nationen und damit in dem Land, das stets von Demokratie spricht, dabei aber nichts anderes als eine nackte Plutokratie ist.

Dies ist seit 2014 sogar amtlich. Damals haben Martin Gilens von der Princeton University und Benjamin Page von der Northwestern University in einer Studie festgestellt, dass politische Entscheidungen in den USA nicht den Wünschen der Bürger, sondern einzig und alleine den Interessen einer kleinen Wirtschaftselite dienen.

Doch wie konnte es soweit kommen? Wer waren die Baumeister dieses Welteroberungsplans? Wie konnte sich dieser Plan in die Köpfe der Gegenwart fortpflanzen? Und wie wurde diese internationalistische Bewegung so stark, dass nun ein Coup d’État kurz vor der Umsetzung zu stehen scheint? Um zu verstehen, wie die Welt in diese Misere geraten konnte, müssen wir in der Zeit zurückgehen und uns einige der Architekten dieses Bauplans ansehen.

Der Council on Foreign Relations

Obwohl die Idee eines Weltbürgertums und einer “Verbrüderung aller Menschen” sehr weit zurückreicht – genau genommen ist sie eine Idee der Freimaurerei und anderer aufklärerischer Logen –, werde ich mich hier auf die jüngere Vergangenheit, die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, beschränken. Einen sehr großen, wenn nicht sogar den größten Einfluss auf die nun in den Startlöchern stehende neue Weltordnung hat der am 29. Juli 1921 in New York City gegründete Council on Foreign Relations (CFR). Schon die erste gewählte Führungsmannschaft gehörte der politischen und akademischen Elite an. Der erste Präsident war John W. Davis, der unter Präsident Woodrow Wilson als Generalstaatsanwalt diente. Zum Ehrenpräsidenten wurde der Republikaner Elihu Roos gewählt, der unter Roosevelt sowohl Kriegs- als auch Außenminister war. Und die Position des Schatzmeisters kam dem ersten Dekan der Harvard Business School, dem Ökonomen Edwin F. Gay zu.

Zu den illustren Mitgliedern zählten damals wie heute neben führenden Politikern zahlreiche Staatssekretäre, CIA-Direktoren, Bankiers, Anwälte, Professoren, Unternehmensbosse und auch wichtige Medienvertreter durften niemals fehlen, schließlich mussten die Botschaften des CFR in schönster Propagandamanier in die Welt getragen werden. Zu den finanzstarken Mäzenen dieses Plutokrateninstruments, die schon Ender der 30er Jahre große Mengen an Geld spendeten, gehörten die Ford Foundation und die Rockefeller Foundation.

Eine lesenswerte Abhandlung zum CFR ist “The Council of Foreign Relations – A Short History” von 2021, in dem George Gravilis – 2008 bis 2009 beim CFR für Internationale Angelegenheiten zuständig – einen Überblick über die Entstehung des Councils sowie die einflussreichen Männer hinter diesem Think Tank gibt. Nur einen Satz möchte ich aus dieser Abhandlung zitieren, weil er das Narrativ ad absurdum führt, mit dem die gesamte Welt nun in diese neue, zentral gelenkte Weltordnung gestupst werden soll.

Gravilis schreibt: “Am 29. Juli 1921, mitten in einer glühenden Hitzewelle in New York City, wurde der Council on Foreign Relations gegründet.” Eine glühende Hitzewelle also, im Jahr 1921 in New York! Sind glühende Hitzewellen nicht eigentlich ein Phänomen der Neuzeit?

Laut Gravilis wollte sich der CFR, dem Demokraten wie Republikaner gleichermaßen angehörten, nur überparteilich mit internationalen Fragen befassen, die die Vereinigten Staaten betreffen. Doch das Zitat von Edward M. House, Berater von Präsident Woodrow Wilson und eines der Gründungsmitglieder des CFR, spricht eine ganz andere Sprache.

1923 schrieb er in Foreign Affairs, der Publikation des CFR:

“Unser Volk, im In- und Ausland geboren, hegt den Glauben, dass diese Republik geschaffen wurde, um ein Instrument zur Verbesserung der Menschheit zu werden, und nicht nur ein angenehmer und sicherer Aufenthaltsort zu sein. Es wird nicht zufrieden sein, bis die Vereinigten Staaten wieder die Führung und die Verantwortung in den Weltangelegenheiten übernommen haben, die ihrer moralischen, wirtschaftlichen und politischen Position entsprechen.”

Keiner hat die Absicht eine Weltregierung zu errichten

Dass ein internationales anglophiles Netzwerk die Weltführerschaft anstrebt, ist mitnichten eine Verschwörungstheorie. Kein geringerer als der Eliten-Historiker Carroll Quigley schreibt in seinem Werk “Tragedy and Hope”: Der CFR sei Teil der von Cecil Rohdes gegründeten Round Table Groups, denen auch die superreichen Familien Rothschild, Morgan, Carnegie und Rockefeller angehörten, und dessen Frontorganisation das Royal Institute of International Affairs sei – heute bekannt als Chatham House.

W. Cleon Scousen schreibt in “The Naked Capitalist – A Review and Commentary on Dr. Carroll Quigley’s Book Tragedy and Hope”:

“Die Geschichte der britischen Verbindung zum Council on Foreign Relations lässt sich bis zu George Peabody, J.P. Morgan, Andrew Carnegie, Nicholas M. Butler und Oberst Edward M. House zurückverfolgen – sie alle können als britische Loyalisten bezeichnet werden.”

Wer sich eingehender mit den Round Tables befassen möchte, dem sei das Buch von Andrea Bosco “The Round Table Movement and the Fall of the ‘Second’ British Empire” empfohlen.

Quigley bestätigt auch die umhergeisternde These, dass eine globale Finanzmacht eine Weltordnung anstrebt, welche die finanzielle Kontrolle in private Hände legen möchte. Der erste Schritt, zu dem was Quigley beschreibt, erfolgte am 23. Dezember 1913 mit der Gründung des Federal Reserve Systems (kurz: Fed). Durch den Federal Reserve Act wurde die Macht über den US-Dollar und damit über die Geschicke der USA in die Hände privater Banken gelegt. Keine einzige Aktie an der Fed gehört dem amerikanischen Staat und dass der Fed-Chef vom U.S.-Präsidenten ernannt wird, ist reine Augenwischerei.

Doch Quigley geht noch viel weiter, er spricht davon, dass ein etwas weiter entferntes Ziel dieser Finanzmacht ein privates Weltfinanzsystem sei, welches die politischen Systeme jedes Landes kapern und die Ökonomie der Welt als Ganzes dominieren wolle. Haben die Weltbank und der IWF (Internationaler Währungsfund), beide 1945 in Washington D.C. gegründete Sonderorganisationen der UN, nicht einen großen Teil zu dem beigetragen, was Quigley ausführt, nämlich Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen in die Schuldenfalle zu locken, um sie hinterher nach Strich und Faden auszurauben? Die schmutzigen Fakten zu dieser Strategie hat der ehemalige professionelle “Wirtschaftskiller” John Perkins in seinem Bestseller “Confessions of an Economic Hit Man” im Detail beschrieben.

Ein bedeutender Architekt von Weltbank und IWF war Harry Dexter White, ein hoher Beamter des US-Finanzministeriums. White legte nach dem Zweiten Weltkrieg, zusammen mit Finanzminister Henry Morgenthau Jr. die amerikanische Finanzpolitik fest. Beide waren auch die Architekten des Morgenthau-Plans, der Deutschland zu einem Agrarstaat machen sollte und im September 1944 im kanadischen Quebec von Präsident Roosevelt und dem britischen Premierminister Winston Churchill unterzeichnet wurde.

Dass Quigleys Weltregierungsfantasien eher bittere Realität denn Fantasie sind, bestätigt auch ein prominentes Mitglied des CFR, James Paul Warburg. Der deutsch-amerikanische Bankier sagte am 17. Februar 1950 bei einer Anhörung vor dem “U.S. Senate Committee on Foreign Relations”:

“We shall have world government, whether or not we like it. The question is only whether world government will be achieved by consent or by conquest” (dt. “Wir werden eine Weltregierung haben, ob es uns nun gefällt oder nicht. Die Frage ist nur, ob die Weltregierung durch Zustimmung oder durch Eroberung erreicht wird).

Regelrecht besessen von einer neuen Weltordnung war auch der verstorbene David Rockefeller, der von 1941 bis zu seinem Tod im Jahr 2017 im Alter von 101 Jahren ein wichtiges Mitglied des CFR war. Von 1970 bis 1985 hatte er den Vorsitz des Verwaltungsrats inne, danach war er Ehrenvorsitzender des CFR.

1994 sagte er vor dem Wirtschafts-Ausschuss der Vereinten Nationen (UN Business Council):

”Wir stehen am Rande einer weltweiten Umbildung, alles was wir brauchen, ist die richtige allumfassende Krise und die Nationen werden in die neue Weltordnung einwilligen.”

Wenn wir uns die Fortschritte so ansehen, die in den letzten drei Jahren im Hinblick auf eine solche Weltordnung gemacht wurden, könnte man fast auf die irrwitzige Idee kommen, die von Medien, Wissenschaft und NGOs verkaufte Pandemie sowie die Dauerbeschallung mit Klimakatastrophe und Hitzetod, könnten der Startpunkt in eine solche allumfassende Krise gewesen sein.

Auch in seiner Autobiographie von 2006 nimmt Rockefeller kein Blatt vor den Mund:

“Manche glauben sogar, wir seien Teil einer geheimen Verbindung, welche gegen die besten Interessen der Vereinigten Staaten arbeitet; sie charakterisieren mich und meine Familie als Internationalisten und behaupten, dass wir uns weltweit mit anderen zur Einrichtung einer global-integrierten, politisch-wirtschaftlichen Struktur verschworen haben, (…). Wenn das die Anklage ist, bekenne ich mich schuldig, und ich bin stolz darauf.”

Ein weiteres namhaftes Mitglied des CFR ist seit 1956 der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger, der von 1977 bis 1981 Mitglied des Verwaltungsrats war. Kissinger setzte sich für die Öffnung Chinas ein und war auch maßgeblich daran beteiligt, dass China am 25. Oktober 1971 in die Vereinten Nationen aufgenommen wurde. Das Kissinger-Institut des Wilson Centers setzt sich unter anderem dafür ein, dass die China-Politik den langfristigen Interessen der USA dient (…). Und im März 2019 wurde am Henry Kissinger Center for Global Affairs der “legendären” Johns Hopkins University das “The America and the Future of World Order Project” (AFWO) ins Leben gerufen.

Dass der CFR weit mehr als ein unparteiischer Think Tank ist, sondern schon immer Einfluss auf die amerikanische Politik nahm, beweist der im Juli 1958 von Joseph Kraft in Harper’s veröffentlichte Artikel, in dem er den CFR als “School for Statesmen” bezeichnet. Wie recht er damit hatte, zeigen 21 Verteidigungsminister, 19 Finanzminister, 17 Staatssekretäre und 15 CIA-Direktoren, die alle dem CFR angehörten und damit dessen Ideologie wie ein langsam wirkendes Gift in die amerikanische Politik einsickern ließen.

Die Ideologie dieses vielleicht mächtigsten Think Tanks der USA war und ist nach wie vor, dass die USA eine globale Führungsrolle übernehmen, Isolationismus ablehnen und Internationalismus unterstützen müssen. Die Wichtigkeit des CFR für die amerikanische Außenpolitik wird auch daran ersichtlich, dass insgesamt acht US-Präsidenten Vorträge vor den CFR-Mitgliedern hielten.

Dass viele Amerikaner den CFR dagegen schon frühzeitig als eine Gefahr für ihre Verfassung und die Demokratie erkannten, zeigen die im Rahmen des “Freedom of Information Acts” vom FBI freigegebenen Dokumente, die auch zahlreiche Briefe besorgter Bürger an den damaligen FBI-Direktor J. Edgar Hoover enthalten.

Brief eines besorgten Bürgers an Präsident Hoover. Quelle: FBI-Dokumente aus FOIA-Anfrage.

Brief eines besorgten Bürgers an J Edgar Hoover. Quelle: FBI-Dokumente aus FOIA-Anfrage.

The Hard Road to World Order

Eine Weltordnung nach den Wunschvorstellungen angelsächsischer Eliten ist ein Faktum, wie der brisante Inhalt des 1974 in Foreign Affairs abgedruckten Aufsatzes “The Hard Road to World Order” von Richard N. Gardner bestätigt. Der Inhalt des Aufsatzes kann nicht nur die Eingangs erwähnten Forderungen der BRICS-Staaten ziemlich gut erklären, er bestätigt auch das, was David Rothkopf 2009 in “Superclass: The Global Power Elite and the World They Are Making” im Detail ausführt – nämlich, dass die Mächtigen aller Länder mehr Loyalität zueinander als zu ihren Nationen hätten.

Gardner schreibt:

“Doch noch nie hat es eine breitere Anerkennung der globalen intellektuellen Führer hinsichtlich der Notwendigkeit einer Zusammenarbeit und Planung auf einer wirklich globalen Basis, über Länder über Regionen und insbesondere über Gesellschaftssysteme hinweg gegeben. Noch nie hat es ein so außergewöhnliches Wachstum des konstruktiven Potenzials von transnationalen privaten Organisationen – nicht nur multinationalen Unternehmen, sondern auch internationalen Vereinigungen jeder Art gegeben, in denen Gleichgesinnte auf der ganzen Welt wirksame Muster des globalen Handelns spinnen. Und noch nie haben wir ein so beeindruckendes Feld von laufenden Verhandlungen gesehen, die auf die kooperative Bewältigung globaler Probleme zielen. Zu bekannten Begriffen wie der ‘Bevölkerungsexplosion’ und der ‘Kommunikationsexplosion’ sollten wir nun die ‘Verhandlungsexplosion’ hinzufügen.”

Mit Gründung der UNO am 24. Oktober 1945 kamen die angelsächsischen Internationalisten ihrem Ziel einer neuen Weltordnung schon ein gutes Stück näher. Und die Europäische Union (EU) – wie wir später noch sehen werden – könnte als erster Schritt in eine solche Weltordnung fungieren. Um die Errichtung einer Weltordnung zu beschleunigen, gründete der Labour-Abgeordnete im britischen Parlament, Henry Usborne, 1947 die parteiübergreifende parlamentarische Gruppe für die Weltregierung (PGWG).

Die Gruppe erarbeitete Studien und Maßnahmen zur Etablierung einer Weltregierung. Obwohl Winston Churchill kein Mitglied der Gruppe war, hegte er offensichtlich große Sympathie für deren Ansichten und erklärte: “Die Schaffung einer kooperativen, allmächtigen Weltordnung ist das letzte Ziel, auf das wir hinarbeiten müssen.”

1951 gründete die PGWG den One World Trust (OWT) als ihren wohltätigen Arm. Der Trust, der noch immer existiert, fördert eigenen Angaben zufolge Bildung und Forschung zu Veränderungen in der Weltordnungspolitik. Diese Arbeit, so ein Statement auf der Website, wäre noch nie so aktuell wie heute gewesen. In einem Dokument beschreibt der Trust im Detail wie er sich die kommende Weltordnung für uns alle vorstellt.

World Community Council Architecture des OWT. Quelle: “A world that works for everyone”.

World Community Council Architecture des OWT. Quelle: “A world that works for everyone”.

Abbildung 1: Das Organigramm der “World Community Council Architecture”, das obigem Dokument entnommen ist, zeigt, wie sich die Internationalisten des OWT den Aufbau ihrer Weltregierung im Detail vorstellen. Quelle: “A world that works for everyone”.

Der One World Trust ist keine unbedeutende NGO, Vorsitzender der Treuhänder ist Robert Whitfield, ein ehemaliger Senior Vice President von Airbus Industries. Vizepräsidenten sind unter anderem Lord Foulkes of Cumnock und Baroness Whitaker, beide Mitglied im House of Lords, sowie Sir David Knox und Gavin Strang, beides ehemalige Mitglieder im House of Commons.

Wie NGOs und Aktivisten die Weltregierung vorantreiben

Auf der Website des Trusts finden wir auch die Bekanntmachung, dass im April 2021, also während der schlimmsten Pandemie aller Zeiten, die NGOs Civicus, Democracy International und Democracy Without Borders eine internationale Kampagne für eine integrative Global Governance – ein Euphemismus für Weltregierung – gestartet hätten. Unter der Überschrift “We, the Peoples” (dt. “Wir, die Völker”) fordert das gemeinsame Dokument etwas ganz ähnliches wie die BRICS-Staaten: Eine Reformierung der UN.

Explizit wird die Einrichtung einer parlamentarischen Versammlung bei der UN (UNPA), die Schaffung des Instruments einer Weltbürgerinitiative sowie ein UN-Beauftragter für die Zivilgesellschaft gefordert. Das ach so demokratisch klingende Wort “Zivilgesellschaft” darf nicht falsch interpretiert werden, es handelt sich dabei keineswegs um Sie oder mich, sondern ausschließlich um nicht demokratisch legitimierte NGOs, die nur vorgeben, die “Zivilgesellschaft” zu repräsentieren.

Der Aufruf zur Einrichtung einer Parlamentarischen Versammlung wird aktuell von 1850 Abgeordneten aus 137 Ländern unterstützt. In Deutschland unterstützen insgesamt 1437 Personen die Kampagne, davon sind 105 Mitglieder des Parlaments. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat ihre Unterstützung bereits am 18. Dezember 2013 zugesagt. Weshalb die Mehrheit der “Zivilgesellschaft” keinen Schimmer von diesen Kampagnen hat, obwohl diese ihr Leben massiv verändern werden, ist die wohl wichtigste Frage, die gestellt werden sollte.

Doch sehen wir uns die Kampagne für eine UNPA einmal etwas genauer an. Vorgesehen ist, dass die geforderte Parlamentarische Versammlung zunächst aus nationalen Parlamentariern zusammengesetzt sein soll. Nach und nach soll sie mit umfassenden Informations-, Beteiligungs- und Kontrollrechten ausgestattet werden, um in einem späteren Schritt direkt gewählt zu werden. Es geht hier also tatsächlich um die schrittweise Errichtung einer Weltregierung bei den UN.

Am 26. Januar 2022 schlossen sich auch über 120 amtierende Parlamentarier aus mehr als 40 Ländern dieser Forderung der “Zivilgesellschaft” an und veröffentlichten eine Erklärung, den “demokratischen und partizipativen Charakter” der UN zu stärken. Die vollständige Erklärung und Pressemitteilung finden Sie hier.

Eine Regierung durch das Volk und für das Volk?


Um eine möglichst breite Zustimmung für eine solche Weltregierung zu erhalten, werden die Kampagnen von Democracy without Borders in watteweichen UN-Jargon verpackt. Mit dem Schlagwort Demokratieförderung und dem Totschlagargument des Klimawandels sollen diese Ideen erfolgreich an den Mann und die Frau gebracht werden. So wird die UN-Weltbürgerinitiative beispielsweise unter dem Vorwand einer Regierung durch das Volk und für das Volk verkauft. Die Zivilgesellschaft könne im Zeitalter der Globalisierung, wo bedeutende öffentliche Entscheidungen mehr und mehr jenseits des Nationalstaats getroffen würden, nur durch eine Weltbürgerschaft eine demokratische Mitbestimmung erlangen.

Und was wäre eine Kampagne für eine Weltregierung ohne den weltweit wütenden Klimawandel, gegen den jedes noch so sachliche Argument im Sand verlaufen muss: “Wir wissen seit über 30 Jahren, dass die Kohlenstoffemissionen reduziert werden müssen, aber wir haben es versäumt, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, und riskieren eine Umweltkatastrophe.” Um diese Katastrophe erfolgreich abzuwenden, brauche es eben eine parlamentarische Versammlung, die sich dafür einsetzt, dass im besten Interesse “aller Menschen” entschieden würde.

Ist das Satire oder schon Sarkasmus? Welcher denkende Mensch, der mit der Geschichte der Demokratie vertraut ist, glaubt tatsächlich an eine “Regierung durch das Volk und für das Volk”? Ein Mitspracherecht wird der entwurzelte Weltbürger genauso wenig besitzen wie der nationale Staatsbürger je eines besaß. Wie schon Rainer Mausfeld in seinen zahlreichen Büchern und exzellenten Vorträgen ausführte, waren echte Demokratie und Mitspracherecht für das Volk niemals vorgesehen und das dürfte sich auch niemals ändern. Die Demokratie war und ist lediglich ein leeres Versprechen, das den Vorteil hat, die Beherrschung der Massen mit sehr viel weniger Aufwand betreiben zu können.

Der Mann, der hinter den oben erwähnten Kampagnen steht, heißt Andreas Bummel. Der 1976 in Kapstadt, Südafrika, geborene Bummel ist Gründer und Geschäftsführer von Democracy without Borders, das aus dem 2003 gegründeten Komitee für eine demokratische UNO hervorgegangen ist. Bummel gehört auch zu den Initiatoren und Koordinatoren der neuen „We The Peoples“-Kampagne, der sich bis heute über 200 Gruppen aus aller Welt angeschlossen haben. Von 1998 bis 2008 war Bummel zudem Mitglied im Council des World Federalist Movement, das eine Global Governance errichten will, mit dem Endziel einer Weltföderation.

Dass es auch hier um eine zentral gesteuerte Weltordnung geht, davon kann man sich in dem 1999 erschienenen Buch “World Order for A New Millennium” überzeugen. Im Buch lässt der Herausgeber Walter Dorn zahlreiche Autoren über eine Weltordnung, ein Weltbürgertum und sogar eine Weltreligion sinnieren.

Dorn war von 2016 bis 2023 Präsident des World Federalist Movements Canada, ist Professor für Verteidigungsstudien am Royal Military College of Canada (RMC) und dem Canadian Forces College (CFC). Er unterrichtet Offiziere vom Rang eines Majors bis zum Brigadegeneral in Kanada und etwa 20 anderen Ländern. Seine geschichtsklitternde Einführung im oben genannten Buch finden Sie hier im Original und hier in der deutschen Übersetzung.

Bummel ist auch Mitglied in The World Academy of Art & Science (WAAS). Die WAAS wurde 1960 von mehreren Intellektuellen gegründet, darunter Albert Einstein; Robert Oppenheimer, Vater des “friedenstiftenden” Manhattan Projekts; Bertrand Russell; Joseph Needham, Mitbegründer der UNESCO; Lord Boyd Orr, erster Generaldirektor der Food and Agricultural Organisation (FAO); Brock Chisholm, erster Generaldirektor der WHO. Auch die WAAS, die sich als “informelle Weltuniversität” versteht, ist ein undemokratisches Konstrukt und Teil dieser globalen Weltordnung. Gemeinsam mit dem 2013 gegründeten World University Consortium (Welthochschulkonsortium) wird die Zukunftsbildung für die “globale Indoktrination” entwickelt und Runde Tische zur Lehrplanentwicklung abgehalten.

Die tatkräftigen Unterstützer der Neuzeit

Dass eine Weltregierung keine Idee der Neuzeit ist, sondern von einer Gruppe mächtiger Männer seit langem geplant wurde, ist eine unumstößliche Tatsache. Doch wer sind die heutigen Triebkräfte hinter solchen Forderungen wie einer Demokratie ohne Grenzen, einer Weltregierung und einem Weltbürgertum? Eines ist klar, NGO-Gründer wie Bummel sind es nicht, sie sind lediglich einer Ideologie verfallene Aktivisten, die nicht merken, dass man sie in die Irre führt. Die Strategen, die Wasserträger wie Bummel finanzieren und den Plan der Strippenzieher zum Erfolg führen wollen, sind Intellektuelle wie Joseph Schwartzberg, Paul Raskin, Walter Dorn und viele andere Hardcore-Internationalisten. Diese Leute zeichnen sich durch finanzielle Unabhängigkeit aus und haben sich dem evolutionären Existenzkampf weitgehend entzogen. Sie leben in ihrem Elfenbeinturm, oftmals ohne Bezug zur Realität, und wurden in ihren elitären Zirkeln mit dem Virus einer mächtigen Klasse infiziert.

Die Publikation A UN Parliamentary Assembly: A policy review of Democracy Without Borders von Democracy without Borders, an der auch Bummel beteiligt war, ist einem Vorkämpfer für Weltbürgertum und UNO-Weltregierung gewidmet, dem 2018 im Alter von 90 Jahren verstorbenen Joseph Schwartzberg. Schwartzberg hat mit seinem 2014 gegründeten Workable World Trust die Arbeit von Demokratie ohne Grenzen großzügig unterstützt. Am Interdisciplinary Center for the Study of Global Change der University of Minnesota werden durch die Vergabe von Schwartzberg Workable World Trust Stipendien an herausragende Studenten, die sich eindeutig für Global Governance engagieren, regelmäßig neue Aktivisten rekrutiert, die diese Agenda euphorisch vorantreiben.

Seit Oktober 2016 ist Schwartzbergs Workable World Trust (WWT) auch Mitglied des Lenkungsausschusses der Kampagne für eine Parlamentarische Versammlung bei den UN. Hauptziel des Trusts ist es, die Vorschläge in Schwartzbergs Buch “Transforming the United Nations System: Designs for a Workable World”, das 2013 von der United Nations University Press veröffentlicht wurde, zu verbreiten und zu unterstützen. Das Buch ist neben Englisch auch in Arabisch, Chinesisch, Japanisch und Russisch verfügbar.

Schwartzberg war der festen Überzeugung, würde den Menschen ein Mitbestimmungsrecht vorgegaukelt, so würde dies zur Legitimierung einer UN-Weltregierung beitragen – womit er möglicherweise sogar recht behalten könnte.

Wie Bummel und Dorn, so gehörte auch Schwartzberg den World Federalists an, er war im Vorstand der World Federalist Association und Präsident der Minnesota-Gruppe von Citizens for Global Solutions (Bürger für globale Lösungen). Die World Federalist Association, oder Citizens for Global Solutions (CGS) Education Fund, ist der Bildungszweig von CGS.

Die Organisation arbeitet gegenwärtig in fünf Bereichen: Globales Engagement der USA, globale Gesundheit und Umwelt, Frieden und Sicherheit, internationales Recht und Justiz sowie internationale Institutionen. Die Mitarbeiter der CGS arbeiten mit öffentlichen Amtsträgern zusammen und recherchieren Themen in diesen Bereichen, um die Mitglieder mit Analysen, Gesprächsthemen und Handlungsmöglichkeiten zu versorgen. Und das alles tun sie selbstverständlich nur, um den nächsten Atomkrieg zu verhindern.

Paul Raskins “Großer Übergang”

Ein weiterer Hardcore-Internationalist ist der amerikanische Physiker Paul Raskin. Raskin ist kein Unbekannter, er war auch einer der Hauptautoren des U.S. National Academy of Science’s Board on Sustainability, des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), des Millennium Ecosystem Assessment, der Earth Charter und des Global Environment Outlook des UN Environment Programme (UNEP).

Raskin ist Gründer des Tellus Institutes for a Great Transition (dt. Großer Übergang) und gründete 1995 gemeinsam mit dem Stockholm Environment Institute die interdisziplinäre und internationale Global Scenario Group (GSG). Die wichtigsten Finanziers der GSG waren die Nippon Foundation, das Stockholm Environment Institute, das United Nations Environment Programme, das Global Industrial and Social Progress Research Institute und ein alter Bekannter, die Rockefeller Foundation.

Unter der Koordination von Raskin und Gilberto Gallopín erstellte die GSG 2002 gemeinsam mit Tellus eine Reihe von Berichten wie “Great Transition: The Promise and Lure of the Times Ahead.” Im Jahr 2003 rief das Tellus Institute die Great Transition Initiative (GTI) ins Leben, ein Netzwerk von mehreren hundert Wissenschaftlern und Aktivisten, um die Arbeit an diesem globalen Szenario voranzutreiben. Lesenswert ist auch Raskins Abhandlung mit dem fast schon kitschigen Titel “Journey to Earthland – The Great Transition to Planetary Earthland.”

Die Initiative für den Großen Übergang verfügt auch über ein globales Netzwerk, das The Great Transition Network (GTN), in welchen sich über tausend Akademiker und Aktivisten aus aller Welt befinden und gemeinsam Visionen und Wege für den bevorstehenden Großen Übergang erarbeiten. Für den globalen Austausch steht den Mitgliedern eine Plattform, der “GT Network Space” zur Verfügung.

Das übergreifende Thema von Raskins Arbeit, so heißt es, ist die Entwicklung von Visionen und Strategien für einen Wandel zu widerstandsfähigeren und gerechteren Formen der gesellschaftlichen Entwicklung. Das hört sich erstrebenswert an, doch wer Raskins Abhandlungen liest, wird schnell eines Besseren belehrt. In Wahrheit geht es auch ihm vor allem um die Abschaffung von Grenzen, die Kontrolle und Rationierung von Energie, Wasser und Lebensmitteln, um Bevölkerungsreduktion, um die totale Kontrolle des Lebens der Menschen durch digital kontrollierte “smarte” Regionen, die mittels Geofencing zu Ghettos werden sollen, was beschönigend als Urbanisierung bezeichnet wird.

Dass es Raskin ebenfalls um eine rationierte Welt geht, dafür sprechen auch seine Forschungen zu den Themen Energie, Wasser, Klimawandel, Ökosysteme und nachhaltige Entwicklung. Und auch mit räumlichen Maßstäben – lokal, national und global – hat der promovierte Physiker sich befasst. Raskin ist für die Konzeption und Entwicklung der weit verbreiteten Modelle für integrierte Szenarioplanung in den Bereichen Energie (LEAP), Süßwasser (WEAP) und Nachhaltigkeit (PoleStar) verantwortlich, die in einer zentral gesteuerten Welt unabdingbar sind.

LEAP, die Low Emissions Analysis Platform, ist ein weit verbreitetes Software-Tool für die Analyse der Energiepolitik und die Bewertung des Klimawandels, das am Stockholmer Umweltinstitut entwickelt wurde. Das Tool wird bereits von Tausenden von Organisationen in mehr als 190 Ländern genutzt, heißt es. Zu den Nutzern sollen Regierungsbehörden, Wissenschaftler, Nichtregierungsorganisationen, Beratungsunternehmen und Energieversorger gehören.

Die Planungssoftware WEAP entstand im Jahr 1988 mit dem Ziel die Bewertung aktueller Wasserbedarfs- und -angebotsschemata hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit sowie die Erschließung alternativer Langzeitszenarien zu ermöglichen. Die Software wird laut Raskin von Planungsbehörden in der ganzen Welt eingesetzt.

Das PoleStar-Simulationssystem hat es ganz besonders in sich. Das Software-Tool für die integrierte Nachhaltigkeitsplanung und die Analyse langfristiger Szenarien dient der Simulation möglicher Zukünfte sozio-ökologischer Systeme. Das Projekt wurde gemeinsam mit Gordon Goodman, Direktor des Stockholmer Umweltinstituts, ins Leben gerufen. Seine Wurzeln aber liegen im Bericht der Brundtland-Kommission von 1987, “Our Common Future”, an dem auch Raskin mitgearbeitet hat, und der die nachhaltige Entwicklung in den Mittelpunkt der Forschungs- und Politikagenda rückt.

Die Hauptautorin des Berichts ist die 1939 geboren Norwegerin Gro Brundtland, die dreimal Norwegens Premierministerin war. Die Brundtland-Kommission gab den Anstoß für den Erdgipfel 1992/UNCED, der vom kanadischen Hardcore-Umweltaktivisten Maurice Strong geleitet wurde, sowie für die Agenda 21. Dass sich der Brundtland-Bericht mehr als positiv auf Brundtlands Karriere ausgewirkt hat, kann man sich vorstellen, schließlich kommuniziert er exakt die Narrative, die zur Rechtfertigung des wirtschaftsvernichtenden Umbaus der Welt dringend erforderlich sind.

Im Mai 1998 wurde Brundtland zur Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gewählt. Unter ihrer Führung wurde die WHO wegen des zunehmenden Einflusses der Pharmaindustrie auf die Organisation kritisiert. Brundtland war also das Einfallstor für die Durchsetzung privater Interessen in der WHO. 2007 war Brundtland auch als Beraterin für Pepsi tätig, das für seine gesundheitsfördernden Getränke bekannt ist. 1982 und 1983 nahm sie an den Bilderberg-Treffen teil und war 2019 Co-Vorsitzende des WHO Global Preparedness Monitoring Boards.

Eine Paradies, aber sicher nicht für Jedermann

Ob Raskin tatsächlich glaubt, was er von sich gibt, kann ich nicht beurteilen, allerdings sind seine Argumente aus einer objektiven Sichtweise heraus fast schon kindlich naiv. Ein großer Übergang zu einer planetarischen Zivilisation mit bereichertem Leben und einem gesunden Planeten sei möglich, sagt Raskin. Das sind die gleichen Töne, die aus den Mietmäulern der Mitglieder des Weltwirtschaftsforums und der Architekten der UN-Agenda 2030 schallen. Damit dieses Paradies bald Wirklichkeit werden kann, propagiert Raskin exakt das, was wir aktuell überall auf der Welt live und in Farbe erleben:

Eine globale grüne Bewegung, die lautstark den sozialen Wandel fordert. In diesem entscheidenden Moment sei die Odyssee in eine andere Welt im Gange, doch das endgültige Ziel hänge von den Entscheidungen und Kämpfen ab, die noch bevorstünden, meint Raskin.

Ich nehme denjenigen, die von der Idee einer planetarischen Gesellschaft träumen sogar ab, dass sie sich eine bessere Welt wünschen, dass sie die Welt vielleicht tatsächlich in ein Paradies verwandeln möchten. Doch ich bin auch davon überzeugt, dass diese Welt nur Platz für sie und ihresgleichen bieten wird, weshalb sollten sie sonst seit Dekaden wie besessen eine Bevölkerungsexplosion heraufbeschwören und lautstark eine Eindämmung der Bevölkerungszahl fordern. Die Angst vor einer Bevölkerungsexplosion, vor immer mehr “nutzlosen Essern”, wie Henry Kissinger und Yuval Noah Harari zu sagen pflegen, zieht sich wie ein roter Faden durch dieses Thema. Wer also tatsächlich glaubt, dass all diese privilegierten Menschen die Erde für die Unterprivilegierten dieser Welt in ein Paradies verwandeln wollen, der ist der allgegenwärtigen Gehirnwäsche erlegen und hat die Kontrolle über sein Leben verloren.

Doch schauen wir uns einfach einmal an, wie sich die Welt unter den vier Szenarien – Freier Markt, Bildung nationaler Festungen, Politische Reformen, Großer Übergang – entwickeln wird, indem wir das Softwaretool PoleStar heranziehen.

Unter dem Szenario Großer Übergang zeigt die Simulation, dass sich die Bevölkerung Westeuropas bis 2100 halbieren, während sich die afrikanische Bevölkerung mehr als verdoppeln wird. Sind das nicht grandiose Aussichten für Westeuropa?
Unter dem Szenario Freier Markt würde sich die Weltbevölkerung bis 2100 auf 9,2 Milliarden erhöhen, während sie mit dem Szenario Great Transition mit 7,2 Milliarden insgesamt sogar leicht abnehmen würde.

Interessant ist auch die Simulation des Energieverbrauchs pro Kopf, der 2100 unter dem Szenario Großer Übergang für alle Weltregionen bei nur noch 37 GJ pro Kopf liegen soll. Für Westeuropa bedeutet dies im Vergleich zu heute etwa zwei Drittel weniger Energie.

Was mich im Zusammenhang mit diesem Softwaretool ganz besonders interessieren würde, sind die Annahmen bzw. Variablen, die für diese Simulationen herangezogen werden? Mit welchen Maßnahmen wartet dieser Große Übergang auf, damit beispielsweise die Weltbevölkerung bis 2100 sogar leicht zurückgeht? Und was werden die Menschen essen, wenn Fleischkonsum und bearbeitete Ackerflächen im Rahmen des Großen Übergangs ebenfalls drastisch abnehmen werden? Was die Resultate derartiger Simulationen implizieren, kann sich jeder denkende Mensch selbst ausmalen.

Auch das Pro-Kopf-Einkommen wird in Abhängigkeit vom jeweiligen Szenario eine interessante Entwicklung nehmen. Ließen wir den Freien Markt wirken, würde das Pro-Kopf-Einkommen in Westeuropa kontinuierlich ansteigen und 2100 den Wert von 139.000 Dollar erreichen. Unter dem Großen Übergang wird sich das Pro-Kopf-Einkommen der gesamten Weltbevölkerung bis 2100 auf einen Hungerlohn zwischen 28.000 und 33.000 Dollar einpendeln. Die brennende Frage lautet hier: Wird auch der illustre Club aus Milliardären, Adel und anderen Gestalten, die sich selbst als Eliten bezeichnen, mit diesem Hungerlohn abgespeist werden oder gilt das, wie so oft, lediglich für die 99 Prozent?

Die EU als Blaupause für eine Weltregierung

Kommen wir zuletzt zur EU und ihrer möglichen Rolle bei der Errichtung einer neuen Weltordnung. Bereits am 8. Dezember 2008 schrieb der Kolumnist Gideon Rachman einen Leitartikel in der Financial Times mit dem Titel “And now for a World Order”. Rachman erläutert darin, dass er zum ersten Mal in seinem Leben daran glaubt, dass eine Weltregierung plausibel sei. Und dies läge an der Europäischen Union (EU), die er als Modell für eine solche neue Weltordnung sieht.

Die EU hätte bereits eine kontinentale Regierung für 27 Länder, ein oberstes Gericht, eine einheitliche Währung, Tausende von Gesetzestexten, einen großen öffentlichen Dienst und die Fähigkeit zur Bereitstellung militärischer Gewalt. Auch Rachman wiederkäut nur das, was sämtliche Internationalisten als Argumente vorbringen: Nationale Regierungen wären zunehmend mit Problemen internationaler Natur konfrontiert – globale Erwärmung, globale Finanzkrisen und einen “globalen Krieg gegen den Terror.”

Rachman glaubte schon damals, dass eine Änderung in der politischen Atmosphäre darauf hindeute, dass “Global Governance”, also “Weltsteuerung”, auch in Ländern wie China und den USA immer populärer würde. Damit bestätigt er das, was Gardner bereits im oben erwähnten Aufsatz “The Hard Road to World Order” sehr eindrücklich beschrieben hat. Dass eine demokratische “Global Governance” und eine multipolare Welt reine Augenwischerei sind, die die Führungsrolle der USA vertuschen sollen, zeigt ein Zitat aus Barack Obamas Buch “The Audacity of Hope”:

”Wenn die weltweit einzige Supermacht ihre Macht gern beschränkt und sich an international vereinbarte Benehmens-Standards hält, sendet sie ein Signal, dass dies Regeln seien, denen zu folgen es sich lohnt.”

Ein Vorgeschmack auf diese Regeln, denen zu folgen es sich lohnt, finden wir im Bericht aus dem Managing Global Insecurity (MGI) Projekt – President Obama’s First 100 Days. Der Bericht plädiert für die Schaffung eines UN-Hochkommissars für Anti-Terror-Aktivität, ein rechtlich verbindliches Klimawandel-Abkommen unter der Schirmherrschaft der UN und die Schaffung einer 50.000 Mann starken UN-Friedenstruppe. Sobald die Länder Truppen für diese Reserve-Armee zugesagt hätten, würden die UN den ersten Anspruch auf sie haben.

Im Bewusstsein der politischen Brisanz seiner Ideen, setzt der MGI-Bericht auf beruhigende Sprache, erklärt uns Rachman. Er betone die Notwendigkeit der amerikanischen Führung beispielsweise mit dem weicheren Begriff “verantwortliche Souveränität”, anstelle der eher radikal klingenden europäischen Formulierung “geteilte Souveränität”. Darüber hinaus spräche der Bericht über “Global Governance” anstelle von Weltregierung.

Deutsche Transatlantiker: Wölfe im Schafspelz?

Doch wie sieht es aktuell in Deutschland aus? Haben Transatlantiker möglicherweise eine Art Marsch durch die Institutionen absolviert und gebärden sich nun als die Retter eines untergehenden Systems? Nachdem ich den Vortrag des deutsch-amerikanischen Ökonomen Max Otte gesehen habe, kann ich dies nicht mehr völlig ausschließen. Otte, der einen Teil seiner Ausbildung an der renommierten Princeton Universität absolvierte, sprach sich jüngst bei einem Vortrag am Freiheitlichen Bildungsinstitut in Wien mit dem Titel “Europa quo vadis”? für den totalen Umbau der EU in so etwas ähnliches wie die Vereinigten Staaten von Europa aus.

Otte wünscht sich ein echtes Parlament, welches von jedem EU-Bürger gewählt wird (“Ein Bürger – eine Stimme”) sowie eine gemeinsame Außen- und Verteidigungspolitik. Er betont, dass Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg bereits ein föderales Europa, einen limitierten Bundesstaat und das Konzept “Ein Bürger – eine Stimme” favorisierte. Der Ökonom plädiert für ein föderales, republikanisches, subsidiäres Europa, was ziemlich genau der Staatsform der USA entspricht.

Damit fordert Otte exakt das, was auch Rachman als erstrebenswert erachtete, einen europäischen Einheitsstaat, der mittelfristig als Matrize für einen Weltstaat dienen könnte. Doch damit dieser “große Sprung” – O-Ton Otte – auch funktioniert, müssten die EU-Staaten ihre Souveränität zeitweise wieder zurückholen. Erst wenn sämtliche Instrumente erarbeitet wären, könnte der “große Sprung” gelingen.

“Der große Sprung?” Diese Wortwahl erzeugt in mir Gänsehaut, denn sie erinnert mich stark an den Genossen und Massenmörder Mao Zedong. Der “große Sprung nach vorn” war eine wirtschaftliche und soziale Kampagne, die von der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) von 1958 bis 1962 durchgeführt wurde und vielen Millionen – die Schätzungen liegen zwischen 40 bis 80 Millionen – das Leben kostete.

Ob diese Wortwahl rein zufällig erfolgte oder ob sie, in Anlehnung an Robert Gilpin, der dem jungen Otte die Ideen Karl Marxs näherbrachte, Absicht war, lässt sich nicht sagen. Fakt ist aber, Robert Gilpin war Mitglied des CFR, von 1967 bis 1968 und von 1976 bis 1977 Rockefeller-Stipendiat und er war Eisenhower-Professor der Woodrow Wilson School of Public and International Affairs der Princeton University, an der Otte seinen Doktor machte.

Wer sich mit Ottes Lebenslauf im Detail befasst, kann seine Ideen und seine angelsächsisch geprägte Weltanschauung durchaus nachvollziehen. Otte besitzt neben der deutschen auch die amerikanische Staatsbürgerschaft, wollte, seinen Aussagen in einem früheren Interview zufolge, eigentlich amerikanischer Außenminister werden und ist Mitglied des einflussreichen transatlantischen Think Tanks Atlantikbrücke.

Seine Diplomarbeit wurde von Karl Kaiser, dem langjährigen Direktor des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. (DGAP) betreut. Die DGAP, auch German Council on Foreign Relations, ist, wär hätte das vermutet, eine Schwesterorganisation des amerikanischen CFR.

Beeinflusst wurde Otte, der 2022 für die AFD für das Amt des deutschen Bundespräsidenten kandidierte, vor allem durch einflussreiche Amerikaner, wie man seinem Lebenslauf entnehmen kann. So war der spätere U.S.-Notenbankpräsident (Federal Reserve) Ben Bernanke, der auch mit dem Brookings Institute verbandelt ist, Direktor des Doktorandenprogramms, das Otte im Rahmen des Woodrow-Wilson-Fellowship an die Princeton University absolvierte. Wie der CFR, so will sich auch das Brookings Institute in globale Belange einmischen und sieht seine Aufgabe darin, Politik und Regierungsführung auf lokaler, nationaler und globaler Ebene zu verbessern.

Auch bei Paul Volcker, der von 1979 bis 1987 Präsident der Federal Reserve war und den Otte später für die ZEIT interviewte, hatte er Vorlesungen. Ottes Doktorvater Aaron Friedberg war 2001 der erste Henry Alfred Kissinger Scholar an der Library of Congress und 2003 bis 2005 als Deputy Assistant for National-Security Affairs and Director of Policy Planning im Büro des Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten tätig. Zudem war er Mitglied der Aspen Strategy Group des einflussreichen Aspen Institutes.

Die Aspen Strategy Group hat es sich zur Aufgabe gemacht, Entscheidungsträger in öffentlichen und privaten Foren zu versammeln, um wichtige außenpolitische Herausforderungen für die Vereinigten Staaten anzugehen. Im jährlichen Security Forum kommen in- und ausländische Regierungsvertreter, Führungskräfte aus der Wirtschaft, führende Akademiker und renommierte Journalisten dreieinhalb Tage lang zusammenkommen, um Lösungen für die drängendsten Herausforderungen unserer Zeit zu diskutieren.

Eindruck machte auf den jungen Otte – O-Ton Ottes Lebenslauf – auch ein Vortrag des U.S.-Krisenforschers Charles Kindleberger. Kindleberger arbeitete temporär im US-Außenministerium unter Harry Dexter White, denn wir weiter oben bereits als einen wichtigen Architekten der Weltbank und des IWF kennengelernt hatten. Zudem soll White, so Morgenthaus Sohn, einen nicht unerheblichen Anteil am Morgenthau-Plan gehabt haben – der einer Zerstörung Deutschlands gleichkam. Kindleberger arbeitete bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in der Schweiz und war von 1942 bis 1949 Mitglied im Board of Governors des Federal Reserve Systems. Während des Zweiten Weltkriegs diente er zudem dem Office of Strategic Services (OSS), dem Vorläufer der Central Intelligence Agency (CIA).

1988 erhielt Max Otte für seinen Essay “Toward an Open World Order” den Mont Pélerin Society Award. Die Mont Pélerin Society (MPS) ist eine neoliberale internationale Organisation, die nicht nur eine “offene Gesellschaft” fordert, sondern auch Wege sucht, um “sämtliche” Funktionen des Staates durch private Akteure zu ersetzen. Der Begriff “Offene Gesellschaft” wurde 1932 vom französischen Philosophen Henri Bergson geprägt und während des Zweiten Weltkriegs vom Philosophen Karl Popper weiterentwickelt.

Eine entpersönlichte Gesellschaft

Popper sah sie als Teil eines historischen Kontinuums, das von der organischen, stammesgebundenen oder geschlossenen Gesellschaft über die offene Gesellschaft – die durch eine kritische Haltung gegenüber der Tradition gekennzeichnet ist – bis hin zur abstrakten oder “entpersönlichten” Gesellschaft reicht, in der alle Transaktionen von Angesicht zu Angesicht fehlen.

Dieser Endzustand passt ganz famos zur total digitalisierten Welt, auf die wir gerade mit Volldampf zusteuern. Es sieht fast so aus, als wäre eine solche Gesellschaft ohne menschliche Kontakte und ohne jegliche Tradition nicht dem Zufall geschuldet, sondern folge einem Skript. Einem Skript, welches geradewegs in den feuchten Traum von Technokraten und Transhumanisten führt – in eine Gesellschaft von Individuen, die von ihrer Geschichte, von jeglicher Empathie und letztlich sogar von ihrer Seele befreit wurde.

Die Ideen Poppers, der auch an der legendären London School of Economics unterrichtete, haben auch seinen Studenten George Soros geprägt. Der selbsternannte Menschenfreund ist nicht nur Anhänger Poppers, er ist mit seiner NGO “Open Society Foundation” auch einer der größten Unterstützer seiner Ideen. Womit wir bei einer weiteren “Widerstandskämpferin” angelangt wären, der glühenden Soros-Anhängerin Ulrike Guérot, die sich bei näherer Betrachtung leider auch als knallharte Transatlantikerin entpuppt und deren Buch Otte bei seinem Vortrag wärmstens empfahl.

Guérot war Former Senior Research Fellow (1996-1998) beim Jaques Delors Institute. Den Delors-Plan, denn auch Otte für “gar nicht so schlecht” befand, können Sie sich hier zu Gemüte führen. Guérot ist Senior Transatlantic Fellow beim German Marshall Fund (GMF), wo sie derzeit über die euro-transatlantische Partnerschaft in den internationalen Beziehungen und die Entwicklung eines konstitutionellen Europas arbeitet. Zuvor leitete sie das Referat Europäische Union beim German Council on Foreign Relations (DGAP) in Berlin und war Professorin für Europastudien an der Paul H. Nitze School of Advanced International Studies der Johns Hopkins University. Und das Beste zum Schluss: Guérot taucht auch als Unterstützerin des Weltwirtschaftsforums (WEF) auf.

Guérot war 2019 auf dem WEF-Jahrestreffen und war Teil der Panel Session „Was muss getan werden, um ein Vereintes Europa wiederzubeleben?“ Auf der Website des WEF ist die Session leider nicht mehr abrufbar, Sie können sie aber noch in der Wayback Machine finden.

Hier der Bericht zum Jahrestreffen des WEF in 2019. Die hochinteressante Speaker Agenda, die neben Ulrike Guérot auch die ehemalige Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan, auflistet, finden sie ab Seite 68. Beide Damen referierten zum Thema „A New Agenda for Europe“. Die Amerikanerin Morgan ist seit 2022 als Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik des Auswärtigen Amtes in Deutschland unter Ministerin Annalena Baerbock tätig.

Guérot ist außerdem Mitglied der „Europe Policy Group – New Concept for Europe Initiative“ des WEF, der auch Jens Spahn und Ida Auken angehören. Auken dürfte denjenigen ein Begriff sein, die ihre beim WEF veröffentlichte Dystopie „Welcome to 2030: You will own nothing, have no privacy, and life has never been better“ gelesen haben. Das Pamphlet, das wie von Zauberhand von der WEF-Website verschwunden ist, hatte ich ins Deutsche übersetzt und hier sowie hier veröffentlicht. Klicken Sie sich einfach einmal durch das oben verlinkte PDF, es finden sich dort zahlreiche interessante Namen. Und weshalb in einer Gruppe, die sich mit europäischer Politik beschäftigt, auch Amerikaner vertreten sind, das kann sich jeder, der diesen Artikel nicht nur gelesen, sondern auch verstanden hat, nun selbst ausmalen.

Screenshot des Artikels mit der Original-Headline. Quelle: Wayback Machine

Screenshot des Artikels mit der Original-Headline. Quelle: Wayback Machine

Auch an der vom WEF (Commited to improving the State of the World) und der McKinsey Group erstellten Broschüre “Renew Europe” von 2018 war Guérot als Mitglied der Europe Policy Group beteiligt.

Ist Markus Kralls Partei die Lösung?

Und mit Markus Krall, seines Zeichens Neoliberalist und Verehrer Ayn Rands, dürfte es sich nicht anders verhalten. Was Krall, der nun gemeinsam mit Hanns-Georg Maaßen eine Partei gründen wird, für Deutschland vorschwebt, dürfte vor allem denen gefallen, die gutsituiert sind und in Geld schwimmen. Die weitgehende Abschaffung des Staates und des Gemeinwesens bedeutet wohl nichts anderes, als den Übergang zu amerikanischen Verhältnissen. Es bedeutet eine Gesellschaft, in der “echt” Hilfsbedürftige – und das sind keine Sozialschmarotzer – auf Almosen sogenannter Philanthropen angewiesen sein werden. Denn wie Krall sagt, soll künftig immer zuerst die Familie in Verantwortung genommen werden. Wenn Sie also kranke Eltern haben, werden Sie zuerst in die Pflicht genommen werden. Nur wenn sie partout nicht für die Kosten aufkommen können, werden möglicherweise ein paar mitleidige Philanthropen einspringen.

Sicher ist das deutsche System gegenwärtig kaputt, doch es wurde mit Absicht kaputt gemacht, damit man nun problemlos zum Marktradikalismus übergehen kann. Ich bin auch dafür, dass der überbordende Sozialstaat reformiert werden muss, aber von einem Extrem ins andere zu fallen, ist keinesfalls die Lösung. Was Krall in Wirklichkeit will, ist nichts anderes als die Etablierung der menschenverachtenden Ideologie einer Ayn Rand. Krall sagt auch, dass Arbeit in einem freien Markt stets dorthin wandern werde, wo sie am billigsten sei. Um zu verstehen, was dies bedeutet, muss man kein Genie sein. Es bedeutet, dass sich Löhne weltweit angleichen werden, und zwar nach unten, während immer größere Gewinne in die Taschen derjenigen fließen, die bereits jetzt im Überfluss leben.

Wie dieser Sozialdarwinismus im Endstadium aussehen wird, kann man in Nordamerika in vollster Pracht bewundern. Wer schon einmal die Armut in den Trailerparks gesehen hat, und ich sehe sie fast tagtäglich, der weiß, das Narrativ vom freien Markt ist ein Märchen, und zwar ein Lügenmärchen. Es ist nicht korrekt, dass jeder, der fleißig ist, gut leben kann. Viele Menschen in Nordamerika arbeiten Tag und Nacht und kommen doch nie auf einen grünen Zweig. Und zwar deshalb nicht, weil die Arbeit dem zufließt, der sie am billigsten bewerkstelligt. Marktradikalismus ist nichts anderes als die perfideste Form des Sozialdarwinismus und das passt perfekt zu den menschenverachtenden Ideen einer Ayn Rand.

Der Kern von Rands Philosophie ist, dass uneingeschränkter Eigennutz gut und Altruismus zerstörerisch ist.

Was geschieht, wenn sich Menschen gemäß Rands Philosophie des “Objektivismus” verhalten, zeigt das Beispiel des US-Unternehmens Sears. In einem Artikel von 2013 mit dem Titel “Ayn Rand killed Sears” erklärt Lynn Stuart Parramore wie der Sears Vorstandsvorsitzende und Hedgefonds-Manager Eddie Lampert das Unternehmen nach den Grundsätzen von Rand umstrukturierte und wie die “Me-first”-Unternehmensstruktur zum Ruin des Einzelhandelsriesen führte.

Sears wurde zu einem miserablen Arbeitsplatz, der von internen Streitereien und Schreikämpfen geprägt war. Die Mitarbeiter, die sich ausschließlich darauf konzentrierten, in ihrer eigenen Abteilung Geld zu verdienen, hatten keinerlei Loyalität mehr gegenüber dem Unternehmen oder Interesse an dessen Überleben. Der Aktienkurs fiel ins Bodenlose, das Unternehmen musste Konkurs anmelden und heute ist Sears Geschichte.

Will Krall, dessen Verein Atlas-Initiative wohl nach Rands Roman “Atlas Shrugged” benannt ist, Deutschland tatsächlich nach Rands Philosophie umbauen? Wenn wir Rands Philosophie stringent verfolgen, wird Deutschland bald ausschließlich von Egoisten bevölkert sein. Kralls Traum vom wirtschaftlichen Aufstieg Deutschlands dürfte dann wohl eher im Niedergang des Landes enden.

Und was Krall großspurig bei “X”, vormals Twitter, von sich gibt, soll ja erst der Anfang sein. In einem Interview mit den Voluntaristen sagt Krall, was er jetzt plane, sei ja nur der Anfang! Krall hofft, dass der geplante Umbau des Systems zu einer reinen Privatwirtschaft führen wird, also zu einer Gesellschaft ohne jede Einmischung eines Staates, ohne Steuern und knallharte Eigenverantwortung. Eigenverantwortung ist sicher gut und selbstverständlich ist ein Nanny-Staat abzulehnen. Ein Staat, der seine Bürger übermäßig besteuert und sie ihrer Früchte Arbeit beraubt, ist ein Unding und muss bekämpft werden.

Ein überbordender Sozialstaat, der das Geld seiner Bürger mit vollen Händen in alle Welt verteilt, fördert Faulheit und Staatsabhängigkeit und muss in seine Schranken gewiesen werden. Ein solcher Staat muss in seinen Kompetenzen beschnitten werden, doch die vollständige Abschaffung von Gemeinwohlaufgaben ist falsch und führt ganz genauso zu Ungerechtigkeit und Willkür durch die Besitzenden. „Kein Staat“ ist ähnlich katastrophal wie ein überbordender Staat, beides dürfte langfristig in die Katastrophe führen.

Ich glaube also nicht an Kralls Märchen vom wohlhabenden Land durch einen total freien Markt. Auch der Markt muss seine Spielregeln haben, anderenfalls verselbständigt sich die Gier und führt zur Verarmung breiter Schichten. Ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen, glaube aber nicht, dass diejenigen, die mittels Lohndumping und Spekulationen ein Vermögen angehäuft haben, bereit sein werden, faire Löhne zu bezahlen. Dies halte ich persönlich für eine Illusion, weil uns auch hier Nordamerika als Paradebeispiel dafür dienen kann, wohin ein solches System abgleiten wird: In die unverschuldete Verarmung der Massen, zu Menschen ohne medizinische Versorgung, die bereits in jungen Jahren kaum mehr einen Zahn im Mund tragen. Ein solches System wird jeden, der nicht die Taschen voller Geld hat, zu einem Almosenempfänger degradieren.

Wer auf die schönen Worte eines sprachgewaltigen Markus Krall hereingefallen und dem Irrglauben verhaftet ist, die völlige Freiheit von Steuern und die totale Privatisierung von allem – von Krankenhäusern bis hin zu Straßen – wird jedem Menschen zu mehr Wohlstand verhelfen, der wird bald eines besseren belehrt werden. Denn im Gegensatz zum Staat, will ein Privatunternehmer nicht nur maximale Gewinne erzielen, er will auch keinen Pfennig für das Gemeinwohl aufbringen. Und was glauben Sie wird letztlich teurer für Sie sein: Eine jährliche Autosteuer oder vielleicht doch eine willkürlich festgelegte Maut auf jeder vormals öffentlichen Straße? Die totale Privatisierung und der propagierte neoliberale Marktradikalismus, wird nur einer Klasse mehr Wohlstand bringen, nämlich der, die ihn bereits besitzt.

In einem ganz aktuellen Interview mit Thomas Eglinski von AUF1 plaudert Krall aus dem Nähkästchen. Interessant sind vor allem seine Rentenpläne. Krall will, sollte seine Partei in die Regierungsverantwortung gelangen, sämtliches Staatseigentum veräußern, was etwa zwei Billionen Euro bringen dürfte. Staatseigentum ist unser gemeinsames Eigentum, erarbeitet durch unsere Steurgelder. Der Verkauf unseres Eigentums ist also ein Raubzug der besonderen Art, den wir uns nicht bieten lassen sollten.

Aber weiter mit Kralls genialer Idee: Mit diesem Geld sollen dann die aktuellen Rentern bezahlt werden, aber, aufgepasst, nur diejenigen, die auch Kinder haben. Denn alle anderen hätten den Generationenvertrag nicht erfüllt, so Krall. Krall will also Menschen wie mir, die während ihres Arbeitslebens Unsummen von Geld in die Rentenversicherung einbezahlt haben und kinderlos sind, die Rente verweigern. Ich weiß nicht, wie es Ihnen dabei geht, ich sehe das als strafrechtlich relevanten Diebstahl meines persönlichen Eigentums. Was Krall vorschwebt ist genau das, was er bei der aktuellen Steuerpolitik bemängelt: Raub! Ich habe für die vorherige Generation bezahlt und soll jetzt leer ausgehen? Wie kommt Krall auf eine derart perfide Idee?

Zudem sehe ich die Rentenversicherung nicht als einen Generationenvertrag, denn auch ich habe ja nichts unterschrieben. Meine ziemlich hohen Beiträge flossen in die Rentenversicherung, damit ich diese im Alter mit Zinsen wieder erhalten würde. So, und nicht anders, funktionieren Versicherungen. Wenn eine Regierung die Versicherungsbeiträge zweckentfremdet und die Rentenkassen plündert, so ist das strafrechtlich relevanter Raub und muss geahndet werden. Wenn also die transatlantischen „Wölfe im Schafspelz“ glauben, sie könnten uns enteignen und uns unserer Früchte Arbeit berauben, indem sie Chaos stiften und das Land gegen die Wand fahren, dann haben sie die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Ich für meinen Teil werde für mein Recht kämpfen und ich hoffe, dass Viele es mir gleich tun werden.

Conclusio


Sollen uns Weltregierung, Weltbürgertum und Weltreligion unter dem unscheinbaren Label einer “multipolaren Weltordnung” untergejubelt werden? Sind einige Intellektuelle, die sich als Demokraten und Vertreter Deutschlands ausgeben, in Wirklichkeit Transatlantiker, die in den USA vom Virus der Global Governance infiziert wurden und als Trojanische Pferde dieser Agenda fungieren?

Ich halte es bei meinen Einschätzungen zu wichtigen internationalen politischen Ereignissen gerne mit Franklin D. Roosevelt, der in einer Rede sagte:

„Ja, wir sind auf dem Weg zurück – nicht nur durch reinen Zufall, meine Freunde, (…). Wir kommen gesünder zurück als je zuvor, weil wir es so geplant haben.“

Auf deutsch: Nichts was in der großen Politik geschieht, wird dem Zufall überlassen, alles Wichtige wird geplant.

Und es sieht so aus, als wenn auch der nun anstehende Systemwechsel, ob wir ihn nun Great Transition oder Great Reset nennen, eine ziemlich lange Vorgeschichte hätte.

Zeitlicher Ablaufplan für die Etablierung einer Weltregierung. Quelle: Democracy without Borders.

Zeitlicher Ablaufplan für die Etablierung einer Weltregierung. Quelle: Democracy without Borders.

Abbildung 2: Zeitlicher Ablaufplan für die Etablierung einer Weltregierung, euphemistisch als demokratische, friedliche, gerechte, freie und nachhaltige globale Gemeinschaft bezeichnet. Wie jeder, der Augen hat, sehen kann, soll bis 2045 das Ziel einer Weltregierung erreicht sein. Quelle: Democracy without Borders.

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