Haarausfall: Haare brauchen Gesellschaft

Gesellige Papillarzellen gegen Haarausfall

Entnimmt man Mäusen Papillarzellen, vermehrt diese in der Zellkultur und tranplantiert sie anschließend auf die unbehaarte Haut von Mäusen, wachsen diesen tatsächlich neue Haare. Mit menschlichen Papillarzellen funktionierte dies bislang nicht, bis Jahoda ein winziges Detail auffiel. Bei der in vitro Kultivierung formierten sich die Nager-Papillarzellen spontan zu Aggregaten, kleinen Zellhaufen, die sich bei menschlichen Zellen nicht bildeten.

Die Kultivierung menschlicher Papillarzellen führte vielmehr dazu, dass sich die Zellen zu Hautzellen zurückbildeten und ihre Fähigkeit zur Produktion von Haarfollikeln verloren. Die Zell-Zellkontakte konnten der Schlüssel zu neuem Haarwachstum sein, dachte Jahoda, und bei seiner Kollegin, Angela Christiano, Mitautorin der Studie und selbst von einer erblichen Form von Haarausfall betroffen, stieß der Stammzellenforscher aus England auf offene Ohren.

Forscherin Angela Christiano

Dr. Angela Christiano arbeitet seit vielen Jahren an Wirkstoffen gegen Haarausfall. Copyright: A. Christiano

Angela Christiano, Haargenetikerin und Professorin für Dermatologie, forscht an der Columbia University in New York, USA. In der Branche ist die Forscherin, die schon Mitte der neunziger Jahre wichtige Gene, die an der Entstehung der Alopezie beteiligt sind, entdeckte, für ihre kreativen Ideen bekannt. Anstelle Haare einschließlich Kopfhaut von einer Stelle des Kopfes an eine andere zu transplantieren, will sie schon bald viele neue Haare auf kahlen Köpfen sprießen lassen.

Nähe lässt Haare sprießen

Um ihren Wunsch Realität werden zu lassen, versuchten sich die beiden Teams daran, den menschlichen Papillarzellen am Grunde des Haarfollikels ein wenig Geselligkeit beizubringen. Denn nur durch gegenseitigen Signalaustausch können diese Zellen ihr Potenzial entfalten und umgebende Zellen in Haarfollikel umprogrammieren. Für Geselligkeit sorgte eine alte Methode, die sich „hanging drop culture“ nennt und eine dreidimensionale Zellkultur ermöglicht.

Etwa 3.000 Papillarzellen, soviel wie in einer typischen Papillae, werden in nur einen Tropfen Kultumedium suspendiert. Mehrere solcher Tropfen werden dann nebeneinander auf den Deckel einer Petrischale pipettiert. Der Deckel wird vorsichtig umgedreht und die Petrischale damit verschlossen. Da die Tropfen nicht schwer genug sind bleiben sie am Deckel hängen. Durch die Gravitation werden sie aber in den unteren Teil des Tropfens gezogen, wo sich ein Zellaggregat bildet.

Die dreidimensionale Umgebung macht den Unterschied

Die gegenseitige Berührung der Zellen in der dreidimensionalen Umgebung machte den Unterschied, der Rest war Forscherroutine. Sieben Männern, die sich einer Haartransplantation unterzogen, wurden Papillarzellen entnommen und gemäß der Tropfenmethode kultiviert. Die anschließende Transplantation der so vermehrten Zellen in auf Mäuse transplantierte haarfreie menschliche Haut zeigte in fünf Fällen den gewünschten Erfolg.

Anschließende Gentests verifizierten, dass es sich bei den neuen Haaren tatsächlich um menschliche und nicht um Mausfollikel handelte. Für Christiano ist das Ergebnis ermutigend, die Technik müsse aber noch verbessert und standardisiert werden, um sie bald auch in Studien am Menschen testen zu können. Außerdem will die Forscherin noch herausfinden, weshalb in den so kultivierten Zellen lediglich 22 Prozent der Gene aktiv sind.

Ob mehr aktive Gene in den transplantierten Zellen möglicherweise zu mehr neuen Haaren oder einer besseren Haarqualität führen ist die nächste Herausforderung. Und dieser will sich Christiano gemeinsam mit ihrem Team als nächstes stellen.

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