Hochleistungsmaterial Spinnenseide

Molekulare Struktur der Spinnenseiden

Die molekulare Struktur, der aus den beiden Proteinen (Spidroine) MaSpa 1 und MaSpa 2 bestehenden Spinnenseide, ist ganz wesentlich für die ungewöhnlichen Eigenschaften des Biomaterials. Je nach Spinne, ist der Faden zwischen 0,5 und 50 Mikrometer dick und damit sehr viel dünner als ein menschliches Haar, dessen Dicke bei etwa 0,1 Millimeter liegt. Ein Blick auf die Primärstruktur, also die Abfolge und Häufigkeit der Aminosäuren, zeigt einen hohen Anteil an Alanin und Glycin.

Aus Röntgenbeugungs- und Kernresonanz-Untersuchungen ist bekannt, dass die Sekundärstruktur des Fadens aus geordneten kristallinen Bereichen in Form β-Faltblättern besteht, den so genannten Kristalliten, die in eine weniger geordnete helikale Matrix eingebettet sind. Die Wechselwirkung erfolgt über Wasserstoffbrückenbindungen. Während die kristallinen Strukturen der Faser überwiegend aus repetitiven Alanin-Sequenzen bestehen, sind die 70 Prozent ungeordnete Matrix von der Aminosäuresequenz Gly-Gly-X dominiert, wobei X Serin, Glutamin oder Tyrosin sein kann.

Nur der Spinnprozess liefert den seidenen Faden

Doch auch der Spinnprozess spielt eine wichtige Rolle für die Eigenschaften der Seidenproteine. Forscher der ETH Zürich untersuchten mit ihrer neuen Festphasen-NMR neben dem seidenen Faden auch die flüssige Seide und fanden signifikante Unterschiede in den Torsionswinkeln der alaninreichen Areale. Anstelle des β-Faltblattes wiesen die NMR-Spektren flüssigen Seidenproteins auf eine helikale Struktur hin. Mit diesem Ergebnis lieferten die Forscher gleichzeitig eine Erklärung, weshalb trotz gentechnischer Herstellung der Proteine, die Eigenschaften des Fadens noch nie erreicht wurden.

Tausendsassa Spinnenseide

Die Einsatzmöglichkeiten des so außergewöhnlichen Materials könnten schon bald ganze Branchen revolutionieren. In der Medizin und der Medizintechnik reichen die möglichen Anwendungen von Verbänden, Pflastern, extrem dünnen Nahtmaterialien, künstlichen Sehnen und Bändern bis zu biokompatiblen Beschichtungen für Implantate und innovativen Wirkstoffverabreichungstechnologien.

Doch auch in der Technik und Industrie gäbe es eine Reihe interessanter Einsatzgebiete für das Wundermaterial mit den ungewöhnlichen mechanischen Eigenschaften. Ob als Ersatz für Kevlar in schusssicheren Westen, für ultraleichte Fallschirme, Kletterseile und stabile Zelte, für Hängbrücken, neuartige Textilien, Bauteile für den Automobil- und Flugzeugbau oder besonders leichte Bauteile für die Raumfahrt, Spinnenseide ist ein echter Tausendsassa.

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