Darmbakterien versprechen ein Milliardengeschäft! Davon will auch Seres Therapeutics profitieren. Für das Unternehmen und seine Anleger wird 2017 ein wichtiges Jahr, denn der Microbiom-Spezialist hofft nicht nur auf positive Daten seiner Microbiom-Pillen, sondern auch auf eine baldige Erholung seines Aktienkurses.
Lange Zeit wurde die menschliche Darmflora von der Wissenschaft und der Medizin geflissentlich ignoriert. Heute wissen wir, die Milliarden Mikroben in unserem Darm helfen uns nicht nur bei der Verdauung, sie schützen uns auch vor Pathogenen und synthetisieren wichtige Nährstoffe und Vitamine. Seit zahlreiche Projekte wie „Metagenom“ oder „MetaHIT“ das Wissen über das menschliche Microbiom sprunghaft erhöht haben, zeigt sich immer deutlicher, dass ein Ungleichgewicht der Darmflora auch an zahlreichen Erkrankungen beteiligt ist. Die Liste reicht von entzündlichen und metabolischen Störungen über Allergien, Autoimmunkrankheiten und Reizdarmsyndrom bis hin zu Alzheimer und psychischen Störungen. Kein Wunder also, dass Startups wie Pilze aus dem Boden schießen und Investoren das ganz große Geschäft wittern.Darmbakterien zum Schlucken
Bakteriencocktails in Pillenform sind auch das Geschäft der 2012 von Flagship Ventures in Cambridge, Massachusetts, gegründeten Seres Therapeutics, die seit 2015 an der Börse gelistet ist. Mit seiner Microbiom Plattform Technologie überzeugte Seres Teilhaber Nestlé und sein zahlreichen Investoren. Systembiologie, vergleichende Genomik, Expertise in Isolierung und Charakterisierung anaerober Keime sowie Big Data Analysen sollen Seres Einblick in das menschliche Microbiom gewähren. Unzählige Microbiome von gesunden Spendern speichert Seres in einer Art Bibliothek, wo sie zum Vergleich zwischen einem kranken und einem gesunden Darm und als Rohmaterial für die Ecobiotic® Arzneimittel dienen. Die in Pillen verpackten Keimgemeinschaften sollen ungünstige Darmkeime verdrängen, das Gleichgewicht der Darmflora wieder herstellen und so den Heilungsprozess initiieren.
Fünf Produktkandidaten für ein gutes Microbiom
Bereits fünf Produktkandidaten in verschiedenen Entwicklungsphasen schlummern in der Pipeline. Darunter auch Schlüsselprodukt SER-109, das den Breakthrough Status der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA besitzt und bei Clostridium Difficile Infektionen (CDI) des Dickdarms zum Einsatz kommt. Leider konnten die Zwischenergebnisse mit SER-109 in Phase 2 der klinischen Entwicklung jüngst nicht überzeugen, weshalb die finalen Daten in 2017 mit Spannung erwartet werden. In Phase 1 der klinischen Erprobung, SER-262, das erste synthetisch hergestellte Ecobioticum gegen CDI sowie SER-287 gegen die entzündliche Darmerkrankung Colitis Ulcerosa. In der Präklinik befindet sich der synthetisch hergestellte Bakteriencocktail SER-301, ebenfalls gegen Colitis Ulcerosa. Und für eine bessere Verträglichkeit körperfremder Transplantate sollen die Keime in SER-155 sorgen, das sich erst einmal in der Präklinik beweisen muss. Seit vergangenem Jahr arbeitet Seres mit dem Massachusetts General Hospital der Harvard Medical School zusammen. Ziele sind, den Zusammenhang zwischen Microbiom und metabolischen Erkrankungen zu erforschen und Bakteriencocktails gegen Fettleibigkeit und das metabolische Syndrom zu entwickeln.
Aktienkurs unter Druck
Seit dem Börsengang in 2015 kletterte die Aktie kontinuierlich bis auf 35,77 US-Dollar, brach aber nach den enttäuschenden Zwischenergebnissen von SER-109 um mehr als zwei Drittel ein. Am 10. November 2016 veröffentlichte Seres die Zahlen für das 3. Quartal und gab ein Update zu seiner Produkt-Pipeline. Die intensive Produktentwicklung hat die Forschungs- und Entwicklungskosten von 9,9 Millionen in 2015 auf 24,1 Millionen US-Dollar ansteigen lassen. Unabhängig vom Rückschlag mit SER-109 sollen die Studien mit SER-287 und SER-262 weiter vorangetrieben werden. 2017 werden zahlreiche Studienergebnisse erwartet, die kurzfristig über den weiteren Kursverlauf der Aktie entscheiden dürften. Fallen sie positiv aus, ist mit einer Erholung des Kurses zu rechnen, anderenfalls könnten dem Unternehmen weiter Abschläge drohen. Die Nervosität der Anleger zeigt sich am aktuellen Beta-Wert von 2,1, die Aktie ist als doppelt so volatil wie der Gesamtmarkt.