Adieu Privatsphäre – Willkommen in der Datenwirtschaft

Bei meinen Recherchen zur elektronischen Patientenakte (ePA), die ich hier im Rahmen eines Artikels verarbeitet habe, bin ich auf zahlreiche weitere bedenkliche Gesetze, Verordnungen und Richtlinien gestoßen, die das Gezanke um den Datenschutz und die Datenhoheit des Einzelnen gründlich ad absurdum führen. Denn in den unzähligen Verordnungen und Gesetzen, die vor unbestimmten Rechtsbegriffen nur so strotzen, geht es mitnichten um den Schutz persönlicher Daten. Das von Laien kaum durchdringbare Chaos aus Verordnungen, Paragraphenwirrwarr und unzähligen Ausnahmen, verfolgt letztlich nur einen Zweck, den Datenschutz immer weiter auszuhöhlen. Ziel: Der “gläserne” Bürger, der mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI), Blockchain-Technologie, Smart Contracts und einer digitalen Zentralbankwährung (CBDC) in naher Zukunft vollautomatisiert regiert werden soll. Auf dem Europäischen Kontinent wird dieses Projekt von den demokratisch nicht legitimierten Technokraten der Europäischen Union vorangetrieben. Ihre Saat der letzten Jahrzehnte, die aus zahlreichen undemokratischen Verträge besteht, die an den Gesetzen der Nationalstaaten vorbei verabschiedet wurden, geht nun auf, indem den einzelnen Staaten immer mehr Souveränität entzogen wird. Das Projekt Datenwirtschaft wurde aber keineswegs von den einfältigen Bürokraten der EU erdacht, sie sind lediglich die Ausführenden. Dahinter stehen einflussreiche Internationalisten, die eine Global Governance propagieren, hinter der sich nichts anderes versteckt, als ein durch Algorithmen regulierter, verantwortungsloser und nicht mehr zur Rechenschaft zu ziehender Ordnungsstaat.

Persönliche Daten sollen ökonomisiert werden

Die ePA, über deren Problematik ich in obigem Artikel ausführlich berichtet hatte, ist zwar nur ein kleines, aber extrem wichtiges Teilchen in einem gigantischen Puzzle, das sich Europäische Datenstrategie nennt. Denn erst die standardmäßige Nutzung der ePA macht den Weg frei zur Ökonomisierung selbst sensibelster medizinischer Daten. Wer sich die Mühe macht und sich in die verschiedenen Verordnungen, die Grundlage der Europäische Datenstrategie und damit der geplanten Datenwirtschaft sind, einliest, versteht, weshalb kein öffentlich-rechtliches Medium dieses heiße Eisen aufgreift. Denn die dort in kryptischen Rechtstermini fein säuberlich niedergeschriebenen Veränderungen, sollen nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die gesamte Gesellschaft auf den Kopf stellen. Die unzähligen Vorschriften, mit ihren hunderten Paragraphen und Artikeln, gaukeln dabei stets Datenschutz vor, opfern diesen aber in Wirklichkeit Schritt für Schritt wirtschaftlichen Interessen. Dies dürfte auch der Grund sein, weshalb dieser Wust an Verordnungen und Gesetzen im öffentlichen Raum lieber totgeschwiegen und ausschließlich in akademischen Kreisen diskutiert wird.

Diese Kreise maßen sich an, über den Kopf der Bevölkerung hinweg, als wäre diese entmündigt, zu entscheiden, wie deren persönlichste Daten zu nutzen seien. Was in den Köpfen solcher Akademiker vorgeht, zeigt der Leitartikel in der EuZ – Zeitschrift für Europarecht mit dem Titel “EU Data Act: Ein wichtiger Baustein in der Europäischen Datenstrategie.” Dort führen Bernd Holznagel, Direktor des Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, und sein Doktorand Benedikt Freese nicht nur aus, wie sich das weltweite Datenvolumen entwickeln wird, sondern fabulieren auch darüber, wie sich dieser Datenschatz – womit sie auch persönlichste Daten meinen – ökonomisch und gesellschaftlich heben lässt.

Holznagel und Freese fokussieren sich in ihrem Artikel auf den Data Act Vorschlag der Europäischen Kommission. Dieser sieht vor, die massenhaft in der EU vorhandenen Daten endlich effizient zu nutzen, schreiben die Autoren. Dafür seien im Verordnungsentwurf immense Reformen vorgesehen, wobei sektorübergreifende Datenzugangsansprüche für Privatpersonen und öffentliche Stellen gegen Dateninhaber – also jedes Individuum – im Fokus stünden. Weiterhin verweisen die Autoren darauf, dass der EU Data Act nur einer von vielen wichtigen Baustein in der Europäischen Datenstrategie sei, die in jüngster Zeit schrittweise umgesetzt würden.

Schauen wir uns also die verschiedenen Bausteine einmal an: Da wären die Open Data-Richtlinie, die den Zugang zu Daten der öffentlichen Hand (Government-to-Business und Government-to-Consumer) regelt. Der Data Governance Act (DGA) befasst sich mit den Vorgaben für die Weiternutzung von sensiblen Daten durch öffentliche Stellen. Besonders interessant im DGA ist Artikel 10 ff., der “Datenvermittlungsdienste” reguliert, sowie Artikel 2 Nr. 16, 16 ff, der sich mit dem Datenaltruismus, also der freiwilligen Datenspende zur gemeinsamen Datennutzung für “gemeinwohlorientierte” Zwecke beschäftigt. Weitere Informationen zum DGA finden Sie hier.

Damit die Datenwirtschaft bald so richtig Fahrt aufnehmen kann, hat die EU zudem den Digital Markets Act (DMA) ins Leben gerufen, der das Funktionieren des Wettbewerbs in der Datenwirtschaft sicherstellen soll. Weitere wichtige Bausteine zur Legalisierung des geplanten Datenraubs, sind der kürzlich in Kraft getretene Digital Services Act (DSA) und der Verordnungsentwurf zur Festlegung harmonisierter Vorschriften für Künstliche Intelligenz.

Was sich hinter der Europäischen Datenstrategie, die auch von zahlreichen Machbarkeitsstudien flankiert wird, wirklich versteckt, findet man auf der Website der Europäischen Kommission. Dort heißt es wörtlich:

“Die Europäische Datenstrategie soll die EU an die Spitze einer datengesteuerten Gesellschaft bringen. Ein Binnenmarkt für Daten ermöglicht eine EU-weite und branchenübergreifende Datenweitergabe zum Nutzen von Unternehmen, Forschenden und öffentlichen Verwaltungen.”

Das Einzige, was in diesen Dokumenten und den vielen bunten Hochglanzbroschüren zur Datenwirtschaft fehlt, ist der Nutzen für die Datenlieferanten. Diese werden, wohl auch aufgrund ihrer mangelnden rechtlichen Expertise, ihrer Gutgläubigkeit und ihres Desinteresses, mit infantilen und teilweise sogar dummen Phrasen abgespeist. Frei nach dem Motto: Die Abgabe der Privatsphäre dient dem Gemeinwohl, damit wir endlich alle in einer besseren Welt leben können. Und während die Bürgerinnen und Bürger dazu animiert werden, ihre Daten für das Gemeinwohl zu spenden, machen andere daraus ein gigantisches Geschäftsmodell.

Ein Artikel auf der Website der Unternehmensberatung McKinsey bringt es auf den Punkt: “Der explosionsartige Anstieg der Nachfrage nach Rechenzentren hat die Aufmerksamkeit von Investoren aller Art auf sich gezogen (…). Allein auf dem US-Markt wird die Nachfrage – gemessen am Stromverbrauch, der die Anzahl der Server widerspiegelt, die ein Rechenzentrum beherbergen kann – laut einer McKinsey-Analyse bis 2030 voraussichtlich 35 Gigawatt (GW) erreichen, gegenüber 17 GW im Jahr 2022.”

Besteht vielleicht eine winzige Möglichkeit, dass die steigenden Strompreise und das Gerede von Rationierung, mit dem wachsenden Strombedarf der geplanten Datenwirtschaft zu tun haben könnten?

Für das starke Wachstum des Geschäftes mit personenbezogenen Daten spricht auch die Prognose von Statista, nachdem digital-transformierte Unternehmen Ende 2023 voraussichtlich 53,3 Milliarden US-Dollar des globalen BIP ausmachen werden, 2018 waren es noch 13,5 Milliarden gewesen.

Totschlagargument “Berechtigtes Interesse”

Einer der wichtigsten Bausteine zum Abgreifen der persönlichsten Daten von Bürgern und Bürgerinnen in der EU ist die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), in der zahlreiche Gefahren schlummern. Bei näherer Betrachtung entpuppt sich die DSGVO eher als eine Lizenz zum Datenmissbrauch, als eine Verordnung zum Datenschutz. Wie dieser Pseudo-Datenschutz in der Praxis aussieht, durfte ich vor einigen Tagen sogar am eigenen Leib erfahren.

Von der in den Niederlanden ansässigen Firma CompanySpotter flatterte eine E-Mail in mein Postfach. In der E-Mail wurde mir mitgeteilt, dass man meine Website, die keine Firmenseite ist, in die Suchmaschine Company Spotter aufgenommen hätte. Sämtliche personenbezogenen Daten seien in die Datenbank der Firma aufgenommen worden und würden für die Erbringung der Dienstleistungen des Unternehmens gespeichert und verarbeitet. Die Daten würden so lange gespeichert, wie sie in der Quelle (Website) vorhanden sei und es bestünde auch die Möglichkeit, dass sie an Empfänger innerhalb und außerhalb der EU übermittelt würden.

Als Rechtfertigung für die Speicherung meiner Daten verwies die Firma auf die DSGVO: “Gemäß der DSGVO soll jede Verarbeitung von personenbezogenen Daten, auch die von CompanySpotter durchgeführte, gerechtfertigt sein. Die Vorschriften besagen, dass die Verarbeitung gerechtfertigt ist, wenn der Zweck der Verarbeitung auf einen der sechs in der Verordnung genannten Rechtsgründe gestützt werden kann. Die von CompanySpotter im Rahmen vom Aufbau der Datenbank vorgenommene Verarbeitung ist zur Ausübung der ‘berechtigten Interessen’ von CompanySpotter und seiner Nutzer erforderlich. Es wurde bestimmt, dass die Grundrechte und Grundfreiheiten der betreffenden Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, diese berechtigten Interessen nicht überwiegen.”

Den letzten Satz musste ich dreimal lesen: Es wurde also bestimmt, dass ein wie immer ausgestaltetes “berechtigtes Interesse” einer Firma über dem Schutz meiner personenbezogenen Daten steht.

Damit musste ich mich erst einmal auseinandersetzen und stieß in der DSGVO tatsächlich auf den unbestimmten Rechtsbegriff des “berechtigten Interesses.” Dieser Rechtsbegriff ermöglicht quasi jedem die Nutzung personenbezogener Daten, der glaubhaft machen kann, dass seine Interessen, die seiner Kunden, Nutzer usw. über den Grundrechten und Grundfreiheiten der betreffenden Person stehen, deren Daten genutzt werden sollen.

Berechtigtes Interesse schlägt Datenschutz

Auf der Website des privaten Datenschutzdienstleisters Privacy is Key(ed) GmbH gibt es ein Muster einer Einwilligungserklärung nach DSGVO 2023, in der auch das ominöse “berechtigte Interesse” aufgeführt ist. Unter Punkt sechs der Erklärung heißt es: “Die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen (Artikel 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO).”

Dass die “berechtigten Interessen” von Unternehmen oder Regierungen in den meisten Fällen über den Grundrechten und Grundfreiheiten der betroffenen Person stehen werden, zeigen bereits einige Urteile. So auch ein Urteil des OLG München, das sich mit dem nicht näher definierten “berechtigen Interesse” befasst hat.

Im Urteil heißt es, “berechtigtes Interesse” sei weit zu interpretieren. Dies bedeute, dass die Weitergabe von Kundendaten vom europäischen Gesetzgeber also grundsätzlich vorgesehen sei. Bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen den Interessen der Betroffenen und des Verantwortlichen bzw. des Dritten, sieht das Gericht eine möglichst weite Auslegung des “berechtigten Interesses” als (unions-)grundrechtlich geboten an. Nicht nur rechtliche Interessen seien dabei zu berücksichtigen, sondern auch wirtschaftliche oder ideelle.

Soweit die Meinung des Gerichts, welches das “berechtigte Interesse” schon einmal über den Datenschutz der Einzelnen stellt und auch die Datennutzung eher als wünschenswert und rechtskonform ansieht. Es wird also im Rahmen der totalen Digitalisierung darauf hinauslaufen, dass personenbezogene Daten bald keinem Schutz mehr unterliegen und jeder Mensch aufgrund seines Profils kategorisiert und je nach Kategorie vielleicht sogar unterschiedlich behandelt werden kann.

Wird also in einer nicht mehr allzu fernen Zukunft das gesamte Leben, der Lebensstil und die bürgerlichen Freiheiten des Einzelnen von den personenbezogenen Daten abhängig sein? Wie einfach Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen etabliert werden können, haben die letzten drei Jahre eindrucksvoll gezeigt: Menschen, die sich auf die körperliche Unversehrtheit beriefen oder eine politisch unerwünschte Meinung hatten, wurden im Rahmen einer wahren Medienhetze diffamiert und ausgegrenzt. Kann man einer solchen Politik und einer derart verrohten Gesellschaft vertrauen? Muss man nicht viel mehr annehmen, dass man im Falle einer gegenteiligen als der veröffentlichten Meinung, mit heftigsten Konsequenzen zu rechnen hätte?

Was sind personenbezogene Daten?

Wie der Rechtsbegriff “berechtigtes Interesse”, so ist auch der Rechtsbegriff “personenbezogene Daten” in der DSGVO weit gefasst. Die Definition von personenbezogenen Daten finden wir in Artikel 4 Nr. 1 DSGVO. Dort heißt es etwas kryptisch: “Personenbezogene Daten sind alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Als identifizierbar gilt eine Person, wenn sie direkt oder auch indirekt durch eine Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert werden kann.”

Etwas genauer erläutert die Firma Privacy is Key(ed) GmbH ihren Kunden, was es mit personenbezogenen Daten auf sich hat.

Darunter fallen:

  • Allgemeine Personendaten wie z.B. Name, Geburtstag, Geburtsort, Anschrift, E-Mail-Adresse.
  • Besondere Personendaten wie z.B. religiöse oder politische Ansichten, Gesundheitsdaten oder genetische Daten.
  • Körperliche Informationen wie z.B. Geschlecht, Status, Kleidergröße, Haar- und Augenfarbe.
  • Kennziffern wie z.B. Sozialversicherungsnummer, Krankenversicherungsnummer und Steueridentifikationsnummer.
  • Bankdaten wie z.B. Kontonummer, Kontostand und weitere Informationen über die Bankverbindung wie eine IBAN.
  • Online-Informationen wie z.B. IP-Adresse oder sog. Fingerprint-Informationen für Browser oder Geräte.
  • Bewertungen wie z.B. Zeugnisse oder Noten.
  • Kundendaten wie z.B. Bestellangaben oder Zahlungsdaten.
  • Vermögensinformationen wie z.B. Einkommen, Eigentum, Vermögensstand.

Jeder, der ein “berechtigtes Interesse” glaubhaft machen kann, wird also künftig alles was es über einen Menschen zu wissen gibt, auch wissen können. Jedes Unternehmen und jede Regierung kann Ihre Vermögenswerte, Ihre Zeugnisse, Ihren Kontostand, Ihre politischen Ansichten, Ihre Gesundheits- und sogar Ihre genetischen Daten einsehen. Und diese Daten dürfen gemäß DSGVO nicht nur gespeichert und verarbeitet, sondern auch an Dritte innerhalb und auch außerhalb der EU weitergegeben werden.

Datenklau datenschutzrechtlich optimieren

Wer sich mit dem umfangreichen Service von Privacy is Key(ed) befasst, beginnt zu begreifen, für wen die DSGVO und alle anderen “Datenschutz-Verordnungen” der EU ins Leben gerufen wurden und welchem Zweck sie tatsächlich dienen: Der totalen Digitalisierung des öffentlichen und privaten Lebens, der Digitalisierung von allem und jedem. Privacy is Key(ed) beschreibt sich selbst folgendermaßen: “Wir optimieren Organisationen hin zu Datenschutz-Champions, sodass von enormen Wettbewerbsvorteilen, Haftungsreduktionen und gestiegener Qualität (der Daten) profitiert werden kann. Bei Keyed sind Organisationen in bester Gesellschaft. In unserem Unternehmensverbund dürfen wir bereits über 450 Organisationen jeglicher Größe datenschutzrechtlich optimieren.”

Stärkt die DSGVO, wie das Bundesministerium der Justiz auf seiner Website glaubhaft machen will, tatsächlich die Selbstbestimmung des Einzelnen über die Kontrolle seiner Daten? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir etwas tiefer in die Verordnung einsteigen. Artikel 13 der DSGVO regelt die Informationspflicht, derjenige, der die personenbezogenen Daten erhebt und somit verarbeitet, muss den Datenlieferanten darüber informieren, welche Daten von ihm genutzt und wie sie verarbeitet werden.

Wie dies im Internet funktioniert, können wir bereits jetzt sehen: Auf so gut wie jeder Website muss der Nutzer der Verarbeitung bestimmter Daten zustimmen, will er deren Angebot nutzen. Das ist nichts anderes als Pseudo-Selbstbestimmung und Pseudo-Kontrolle, denn wer nicht einwilligt, wird ausgesperrt.

Das ist Nötigung, die im Falle einer Beschwerde ganz einfach mit dem Hausrecht der Anbieter gerechtfertigt wird. Das ist exakt das gleiche Muster, dass wir bereits bei den Masken sahen: Das jeweilige Unternehmen entscheidet, ob es Sie ohne Maske bedient oder Ihnen den Service verweigert.

Wann ist die Speicherung personenbezogener Daten erlaubt?


Der Selbstbestimmung und Kontrolle über die eigenen Daten widerspricht auch, dass gemäß DSGVO und Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) die Speicherung und Verarbeitung personenbezogener Daten in bestimmten Fällen sogar ohne Einwilligung möglich ist.

Die Nutzung ist ohne Einwilligung rechtmäßig:

  • Zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung.
  • Um lebenswichtige Interessen der betroffenen Person oder einer anderen natürlichen Person zu schützen.
  • Wenn die Speicherung für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde.

 
Auch hier haben wir das Problem der unbestimmten Rechtsbegriffe, die vielfältig ausgelegt werden können. Was sind “lebenswichtige Interessen einer anderen natürlichen Person?” Und wann liegt “öffentliches Interesse” vor? Solche unbestimmten Rechtsbegriffe können wie ein Boomerang zurückschlagen.

Sogar die als besonders schützenswert angesehenen besonderen personenbezogenen Daten, worunter rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, genetische Daten, biometrische Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung gehören, dürfen verarbeitet und gespeichert werden, sofern die in Absatz 2, Artikel 9 DSGVO aufgeführten Ausnahmen erfüllt sind:

So dürfen Verantwortliche im Bereich Arbeits- und Sozialrecht diese Daten nutzen. Zudem dürfen sie genutzt werden, wenn der Betroffene sie bereits im Netz öffentlich gemacht hat.
Auf Grundlage des Unionsrechts oder des Rechts eines Mitgliedsstaates dürfen diese Daten genutzt werden, wenn die Nutzung in angemessenem Verhältnis zu dem verfolgten Ziel steht.

Auch hier die Frage: Wann steht die Nutzung derart sensibler Daten in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Ziel? Wer definiert, was angemessen ist und was, wenn der Dateninhaber dies völlig anders sieht? Bei unbestimmten Rechtsbegriffen ist Willkür schon immer Tür und Tor geöffnet.

Ein Nutzungsrecht ist zudem gegeben für die Gesundheitsvorsorge, die Arbeitsmedizin, die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit von Beschäftigten, die medizinische Diagnostik, die Versorgung oder Behandlung im Gesundheits- oder Sozialbereich oder die Verwaltung von Systemen und Diensten im Gesundheits- oder Sozialbereich auf der Grundlage des Unionsrechts oder des Rechts eines Mitgliedstaats.

Weiterhin dürfen diese Daten aus Gründen des öffentlichen Interesses im Bereich der öffentlichen Gesundheit, wie dem Schutz vor schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren oder zur Gewährleistung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards bei der Gesundheitsversorgung und bei Arzneimitteln und Medizinprodukten, auf der Grundlage des Unionsrechts oder des Rechts eines Mitgliedstaats verarbeitet werden.

Damit dürfen sogar die sensibelsten Daten der gesamten Bevölkerung quasi für fast alles genutzt werden. Dies bestätigt auch Nils Möllers, Gründer und Geschäftsführer von Privacy is Key(ed):

“Hat man eine passende Ausnahme für die Verarbeitung besonderer personenbezogener Daten gemäß Art. 9 Abs. 2 DSGVO gefunden, spricht prinzipiell nichts gegen die Verarbeitung von diesen Daten.”

Und Möllers führt weiter aus, dass trotz des Verbotes der Speicherung hochsensibler Daten in der Cloud, auch hier Umgehungsmöglichkeiten vorhanden sind:

“Sehr spannend, vor allem für digitale und agile Unternehmen, ist die Frage, ob besondere personenbezogene Daten in der Cloud gespeichert werden dürfen. Das ist möglich, wenn erstmal eine Ausnahme gemäß Art. 9 Abs. 2 DSGVO gegeben ist, (…).” Ein Datenschutzbeauftragter müsse dann nur sicherstellen, dass sich das Unternehmen nicht angreifbar für etwaige Bußgelder oder Schadensersatzforderungen macht, so Möllers.

Wohin diese Datenwirtschaft final führen soll und wird, zeigt § 31 Bundesdatenschutzgesetz, wonach personenbezogene Daten auch für Scoring und Bonitätsauskünfte verwendet werden dürfen. Und es wird noch besser: Auch Wahrscheinlichkeitswerte über ein bestimmtes zukünftiges Verhalten einer natürlichen Person zum Zweck der Entscheidung über die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses mit dieser Person, wären rechtmäßig.

Das ist nicht mehr weit entfernt von der Dystopie des Hollywood-Streifens “Minority Report”. Heute wird Ihnen vielleicht nur ein Kaufvertrag verwehrt, morgen werden Sie dann möglicherweise prophylaktisch aus dem Verkehr gezogen, denn Sie hätten übermorgen ganz sicher eine Straftat begangen. Denn wie wir alle wissen, KI irrt nie, sie ist unfehlbar. Es geht in § 31 darum, dass intelligente Algorithmen, auf Basis aller gesammelten Daten einer Person, prognostizieren, wie sich diese Person in der Zukunft verhalten wird. Dies nennt man gemeinhin Profiling und das kam bisher lediglich in der Kriminalistik zum Einsatz. Einen passenden Artikel dazu findet man auch in der DSGVO: Art. 22 DSGVO Automatisierte Entscheidungen im Einzelfall einschließlich Profiling.

Sehen wir uns diesen Artikel einmal etwas genauer an. In Absatz 2 liest man, dass Profiling erlaubt ist, wenn:

  1. Es für den Abschluss oder die Erfüllung eines Vertrags zwischen der betroffenen Person und dem Verantwortlichen erforderlich ist.
  2. Aufgrund von Rechtsvorschriften der Union oder der Mitgliedstaaten, denen der Verantwortliche unterliegt, zulässig ist und diese Rechtsvorschriften angemessene Maßnahmen zur Wahrung der Rechte und Freiheiten sowie der berechtigten Interessen der betroffenen Person enthalten.
  3. Eine ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Person vorliegt.

Und selbst die besonderen personenbezogenen Daten sind in diesem Falle nicht tabu, sofern Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a oder g https://dsgvo-gesetz.de/art-9-dsgvo/ gilt. Buchstabe a regelt die freiwillige Zustimmung, Buchstabe g ermöglicht die Verarbeitung auf der Grundlage des Unionsrechts oder des Rechts eines Mitgliedstaats, das in angemessenem Verhältnis zu dem verfolgten Ziel steht bzw. aus Gründen eines erheblichen öffentlichen Interesses.

Es wird in der neuen Datenwirtschaft sehr wahrscheinlich darauf hinauslaufen, dass personenbezogene Daten nur noch in Ausnahmefällen einem Schutz unterliegen. Schließlich sind Daten die Währung dieser Wirtschaft – ohne Daten, keine Datenwirtschaft. Dass Menschen aufgrund ihres Profils kategorisiert und je nach Kategorie unterschiedlich behandelt werden, dürfte dann nicht die Ausnahme, sondern die Regel sein. Wie könnte so eine auf Profiling und Verhaltensvorhersage basierende Wirtschaft aus dem Ruder laufen?

Könnte einer Person, im Falle von unkorrektem Verhalten, einer unerwünschten politischen Meinung, der falschen Wohngegend, zu wenig Geld auf dem Konto, dem falschen Geschlecht, der falschen Hautfarbe oder der falschen sexuellen Orientierung ein Job oder bestimmte Services und Dienstleistungen verweigert werden? Das macht Sinn, weil es zur Identitätspolitik passt, die immer mehr ums sich greift und Menschen aufgrund ihrer persönlichen Merkmale in Gruppen einteilt, um sie unterschiedlich zu behandeln. Offiziell heißt es, dies diene der Verhinderung von Diskriminierung. Nein, es ist Diskriminierung!

Der “Verordnungsvorschlag für die Festlegung Harmonisierter Vorschriften für Künstliche Intelligenz” zeigt, dass die Nutzung von KI wahrscheinlich in eine Art Zentralstaat mit zentraler Ressourcenverteilung führen wird:

“Der Einsatz künstlicher Intelligenz zur Verbesserung von Prognosen, zur Optimierung von Abläufen und der Ressourcenzuweisung sowie zur Personalisierung der Diensteerbringung kann für die Gesellschaft und die Umwelt von Nutzen sein und Unternehmen sowie der europäischen Wirtschaft Wettbewerbsvorteile verschaffen. Bedarf besteht insbesondere in Sektoren, von denen eine große Wirkung ausgeht, wie Klimaschutz, Umwelt und Gesundheit, öffentlicher Sektor, Finanzen, Mobilität, Inneres und Landwirtschaft.”

Individuelle Kategorisierung, Profiling und Verhaltensvorhersage zeichnen, zusammen mit KI, auf Blockchain-Technologie basierenden Smart Contracts sowie einer digitalen Währung (CBDC), ein ziemlich düsteres Bild. Denn wer kein Bargeld mehr besitzt, der besitzt, in einem von KI gesteuerten vollautomatisierten Ordnungsstaat, der das Leben bis in kleinste Detail regelt, auch nicht mehr die Freiheit, das zu tun, was er möchte. In einem Staat, in dem KI die Deutungshoheit erhält und Niemand mehr zur Rechenschaft gezogen werden kann, werden Beschwerden ins Leere laufen und Rechtsstreite werden obsolet.

CBDC, eine kryptofaschistische Währung

Dass die Zentralbankwährung CBDC kommen wird, ist keine Frage. Die Frage ist nur, wann sie kommen wird und wie sie ausgestaltet sein wird. Die EU-Kommission will noch in 2023 eine entsprechende Verordnung dazu zu erlassen, die Einführung der CBDC ist dann zwischen 2026 und 2027 geplant. Laut einer Presseerklärung von 16. September 2022, evaluiert die EZB gerade mit fünf Partnern die technische Machbarkeit einer CBDC: Neben zahlreichen Banken ist auch der Tech-Konzern Amazon mit an Bord.

Über die Ausgestaltung der CBDC haben sich die Damen und Herren der EZB schon einige Gedanken gemacht. Fabio Panetta, Mitglied des EZB-Direktoriums, stellte in einem Interview mit der Financial Times der Öffentlichkeit schon einmal sein ganz persönliches “Brainchild” vor: Für den digitalen Euro sieht er eine Obergrenze von maximal 3.000 Euro, er kann sich zwar auch höhere Beträge vorstellen, die Betroffenen müssten dann aber finanziell benachteiligt werden.

Diese Benachteiligung könnten Strafzinsen oder auch ein Verfallsdatum sein. Auch China denkt über diesen Raubzug mittels Verfallsdatum bereits öffentlich nach, und China könnte, wenn es nach Klaus Schwab geht, ein Vorbild für viele Länder werden. Sparen, für einen Urlaub, ein Auto oder was man sich sonst noch so wünscht, wäre dann ein für allemal Vergangenheit. Der Spruch “Leben von der Hand in den Mund” würde damit eine ganz neue Bedeutung erlangen.

Ich schließe mich bei meiner Bewertung der CBDC dem amerikanischen Whistleblower und Sicherheitsexperten Edward Snowden an. Snowden schreibt auf seinem Blog: Diese CBDCs sind keine Innovation, sondern „kryptofaschistische Währungen“, die dem Zweck dienen, ihren Nutzern „das grundlegende Eigentum an ihrem Geld zu verweigern und den Staat als Vermittler jeder Transaktion einzusetzen.“

Hinzukommt, dass dieses Pseudo-Geld aus Bits und Bytes, das noch weniger Wert als unser gegenwärtiges Fiat-Money besitzt, zur totalen Kontrolle der Gesellschaft genutzt werden soll und zur totalen Abhängigkeit von einer nicht legitimierten supranationalen Organisation führen wird. Spürbar dürfte diese Abhängigkeit spätestens dann werden, wenn KI – wie geplant – immer mehr Arbeitsplätze vernichten wird. Dass totale Kontrolle ein primäres Ziel ist, bestätigt auch Agustín Carstens, seines Zeichens Generaldirektor der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Während einer Podiumsdiskussion des IWF im Jahr 2020 sagte Carstens:

„Wir wissen nicht, wer heute einen 100-Dollar-Schein benutzt und wir wissen nicht, wer heute einen 1.000-Peso-Schein benutzt. Der Hauptunterschied einer CBDC besteht darin, dass die Zentralbank die absolute Kontrolle über die Regeln und Vorschriften hat.“

Digitale Identität und Wallet bald verpflichtend


Damit eine Datenwirtschaft funktioniert, braucht es aber nicht nur digitales Geld, sondern auch die Möglichkeit alle persönlichen Daten eine Individuums an einer zentralen Stelle zu speichern und den Besitzer dieser Daten einwandfrei zu identifizieren. Deshalb ist es unabdingbar, dass neben der CBDC auch eine digitale ID und eine Wallet, möglichst in Form einer App, eingeführt werden. Die Europäische Kommission hat dies bereits antizipiert und lässt gegenwärtig durch das Potential-Konsortium neue Prototypen der geplanten EU Digital Identity Wallet in sechs Anwendungsfällen testen: Elektronische Behördendienste, Kontoeröffnung, SIM-Registrierung, mobiler Führerschein, digitale Unterschrift und elektronisches Rezept.

Laut Haufe Online hat der EU-Rat im Dezember 2022 auch den Ände­rungen der Ver­ord­nung über elek­tro­ni­sche Iden­ti­fi­zie­rung und elek­tro­ni­sche Trans­ak­tionen im Bin­nen­markt (eIDAS-Ver­ord­nung) aus dem Jahr 2014 zugestimmt. Damit steht der Einführung der sogenannten EUid-Wallet, die auch den Rahmen für eine euro­päi­sche digi­tale Iden­tität schafft, nichts mehr im Wege.

Gemäß der eIDAS („Electronic IDentification, Authentication and Trust Services“) 2.0-Verordnung, müssen ab dem 1. Januar 2023 alle EU-Mitgliedstaaten innerhalb von maximal zwölf Monaten, also ab 2024, ihren Bürgern eine solche digitale Brieftasche zur Verfügung stellen.

Gleich­zeitig soll die App als Sam­mel­ordner für digi­tale Doku­mente aller Art dienen. Laut Verordnung ist eine Mindestliste von Attributen vorgesehen: Adresse, Alter, Geschlecht, Personenstand, Familienzusammensetzung, Staatsangehörigkeit, Bildungsabschlüsse, Titel und Erlaubnisse, Berufsqualifikationen, Titel und Berechtigungen, behördliche Genehmigungen und Lizenzen, Finanz- und Unternehmensdaten. Die App kann aber auch Aus­weise, Gesund­heits­karten, Zeug­nisse, Ein­tritts- oder Mit­glieds­karten auf­nehmen und bereit­stellen.

Besonders “datenschutzfreundlich”, die überarbeitete Version der Verordnung sieht vor, dass nicht mehr nur Behörden, sondern auch pri­vate Unter­nehmen die Dokumente in der Wallet nutzen können. Und damit sich auch Niemand der European Digital Identity Wallet entziehen kann, soll die Wallet-Nutzung in bestimmten Sektoren sogar zur Pflicht werden: Große Inter­net­platt­formen wie Google, Amazon, Face­book und eBay, aber auch Banken und Ver­si­che­rungen sollen ver­pflichtet werden, die Wallet zu unter­stützen.

Damit wird quasi Jeder gezwungen, die digitale Wallet auf sein Smartphone zu laden und zu nutzen, sofern er Teil dieses Systems bleiben will oder muss. Laut Website der Europäischen Kommission sollen ID und Wallet künftig auch für folgende Dinge genutzt werden:

  • Nutzung aller öffentlichen Dienste zum Beispiel zur Beantragung von Geburtsurkunden und ärztlichen Attesten oder zur Mitteilung von Adressänderungen
  • Eröffnung eines Bankkontos
  • Steuererklärung
  • Bewerbung an einer Hochschule innerhalb der EU
  • Speicherung eines ärztlichen Rezepts, das überall in Europa eingelöst werden kann
  • Altersnachweis
  • Anmietung eines Autos mit digitalem Führerschein
  • Check-in in einem Hotel

Datenschutzbeauftragte schlagen Alarm


Die Ände­rung der eIDAS-Ver­ord­nung ist ein digi­taler Alb­traum. Sogar der Bun­des­da­ten­schutz­be­auf­tragte Prof. Ulrich Kleber warnt in obigem Artikel bei Haufe Online davor, dass mit dieser Verordnung nicht nur ein zentraler Datenklau, sondern auch ein pro­fil­über­grei­fendes Tracking drohe. Womit er meine Bedenken und meine Kritik an dieser Verordnungswut untermauert. Zudem, warnt Kleber, würden dort Infor­ma­tionen aus zahl­rei­chen Lebens­be­rei­chen zusam­men­ge­führt, die die gesamte EU-Bevölkerung „gläsern“ machten. Tja, wär hätte das gedacht? Hinzu käme, dass auch der Datenschutz nicht gewährleistet sei, da beim Daten­transfer mit QWACs (Qua­li­fied Website Authen­ti­ca­tion Cer­ti­fi­cates) ver­al­tete und unsi­chere Sicher­heits­zer­ti­fi­kate ein­ge­setzt werden sollen. Erklärtes Ziel der EU sei es, dass 2030 80 Prozent aller Bür­ge­rinnen und Bürger die EUid-Wallet nutzen. Das passt perfekt zu den Zahlen der ePA, die man ebenfalls mindestens 80 Prozent der Menschen in Deutschland aufs Auge drücken möchte.

Auch der Landesdatenschutzbeauftragten Bayerns, Thomas Petri, den ich mit meinen Bedenken zur ePA und zum Europäische Gesundheitsdatenraum (EHDS) konfrontiert hatte, teilt meine zahllosen Bedenken. In seiner Antwort-E-Mail schreibt er: “Die Gesetzesinitiative der Europäischen Kommission zur Verordnung über einen gemeinsamen europäischen Gesundheitsdatenraum (European Health Data Space – EHDS) sehe ich wie Sie sehr kritisch.” Petri bestätigt auch meine Bedenken, dass der EHDS nicht nur die Primärdatennutzung, also die Verarbeitung von Gesundheitsdaten im Rahmen von Gesundheitsdienstleistungen, regeln will, sondern dass es auf die Abschaffung des deutschen Patientengeheimnisses hinausläuft.

Zudem sieht auch Petri die Sekundärdatennutzung, also die Nutzung von elektronischen Gesundheitsdaten, unter anderem zur wissenschaftlichen Forschung, zu Fortbildungszwecken oder zur Weiterentwicklung von medizinischen Produkten und Dienstleistungen, genauso kritisch wie ich das tue. Laut Petri sollen Dateninhaber – also die gesamte EU-Bevölkerung – nach den Vorstellungen der Europäischen Kommission sogar dazu verpflichtet werden, auf Anforderung von “berechtigten” Antragstellern, die von ihnen verarbeiteten elektronischen Gesundheitsdaten zur Verfügung zu stellen. Der Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission sähe dabei nicht vor, dass die betroffenen Personen diese Verpflichtung in irgendeiner Weise unterbinden können. Es seien vielmehr überhaupt keine Partizipationsrechte hinsichtlich des „Ob“ der Sekundärnutzung der persönlichen elektronischen Gesundheitsdaten vorgesehen.

Wir dürfen nicht tatenlos zusehen

Was schon seit ziemlich langer Zeit hinter dem Rücken der Bevölkerung und ohne jede demokratische Mitbestimmung, von ein paar nicht demokratisch legitimierten Technokraten abgezogen wird, nenne ich einen handfesten Skandal. Im Hinblick auf die bereits umfangreiche Gesetzeslage, die von der Europäischen Kommission klammheimlich in die Wege geleitet wurde, dürfen wir als Betroffene nicht tatenlos zusehen. Wenn wir nicht wollen, dass uns das Recht an unseren Daten bald vollständig abgesprochen wird, müssen wir handeln – Alle und sofort. Datenschutzbeauftragte werden mit unseren Steuergeldern bezahlt und sind dazu da, unsere persönlichen Daten vor Missbrauch zu schützen und wir sollten diesen Schutz schnellstmöglich einfordern.

Petri hat mir gegenüber glaubhaft gemacht, dass er sich dafür einsetzen will, aber dazu braucht er Unterstützung, also möglichst viele Menschen wie mich, die ihn anschreiben und ihren Unmut kundtun. Ich fordere deshalb alle Menschen, die am Schutz ihrer persönlichen Daten, Ihrer Privatsphäre, Ihrer Freiheit und der Freiheit Ihrer Kinder auch nur einen Funken Interesse haben, dazu auf, sich jetzt lautstark Gehör zu verschaffen. Schreiben Sie an Ihren Datenschutzbeauftragten und fordern Sie ihn auf, seine Pflicht zu tun – nämlich Ihre Daten vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen.

Wir müssen darauf dringen, dass unsere Daten nicht von einer Datenwirtschaft missbraucht werden, die damit Billionen von Gewinnen abschöpfen will, ohne dafür einen einzigen Cent zu bezahlen. Hinzu kommt, die Bürgerinnen und Bürger der EU sollen nicht nur ihrer Daten beraubt werden, sie sollen mit ihren Steuergeldern auch noch für diese gesamte digitale Umgestaltung zu einer Datenindustrie bezahlen. Wollen wir nicht in der Dystopie der dänischen Politikerin Ida Auken enden, die uns bis 2030 kein Eigentum und keine Privatsphäre prognostiziert, dann müssen wir die undemokratischen Vorstöße der EU und ihrer Handlanger in der nationalen Politik, die unsere Wirtschaft in eine Datenwirtschaft transferieren wollen, gemeinsam stoppen.

Wenn Sie viel Zeit und Muse haben, können Sie hier die Ergebnisse der neuen Studie über den europäischen Datenmarkt 2021-2023 einsehen. Dort heißt es: Das Überwachungsinstrument für den europäischen Datenmarkt (EDM) wird der Europäischen Kommission weiterhin wesentliche Informationen über den Umfang und die Trends des EU-Datenmarkts und der Datenwirtschaft, die Zahl der Datenfachleute, die Zahl der Datenunternehmen und die von ihnen erwirtschafteten Einnahmen zur Verfügung stellen. Sämtliche Berichte stehen auf der Website zum Download bereit.

Nachtrag 26. April 2023:

JETZT NEIN SAGEN ZU BIOMETRISCHEN PÄSSEN!!!

Trotz Kritik zu den geplanten digitalen Reisepässen und Personalausweisen macht die Kommission weiter und konsultiert jetzt mehrere Varianten der „Digital Travel Credentials“ (DTC).

Bis 28. Juni kann jeder der EU-Kommission über einen Fragebogen seine Meinung zu den digitalen Dokumenten sagen. Als eine Option stellt die Behörde eine EU-Verordnung in den Raum, mit der die Mitgliedstaaten verpflichtet würden, den geplanten DTC-Standard der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) umzusetzen.

Jetzt unbedingt hier den Fragebogen mit NEIN ausfüllen.

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