Altersforschung: Steinalt und kerngesund?

Steinalt werden und dabei kerngesund bleiben. Dank moderner Altersforschung könnte dieser uralte Menschheitstraum vielleicht schon bald Wirklichkeit werden.

Trotz Hightech-Medizin, mit unserer Gesundheit im Alter steht es nicht zum Besten, das bestätigt ein Blick auf die Statistiken. Unsere Spezies wird zwar immer älter, dennoch leiden viele Menschen im Alter und rund zwei Drittel sterben nach wie vor an den Folgen altersbedingter Erkrankungen. Die Vorreiter der Altersforschung wollen das nun ändern und ihre Ansätze machen tatsächlich Hoffnung auf einen gesünderen Lebensabend.

Zombie-Zellen lassen uns altern

Der Alterungsprozess ist komplex und von zahlreichen Variablen abhängig, doch Wissenschaftler wollen nun eine relevante Stellschraube gefunden haben. Schon vor 50 Jahren glaubten findige Forscher irreversibel gealterte Zellen wären für den Alterungsprozess verantwortlich. Die Pioniere der modernen Altersforschung haben diese Ideen nun wieder aufgegriffen und arbeiten an Ansätzen solche „seneszenten“ Zellen in den Selbstmord zu treiben.

Altersforschung setzt auf Entfernung seneszenter Zellen

Die Altersforschung will seneszente Zellen entfernen und uns so gesünder altern lassen.

Selbstmordprogramm schwächelt

Im Laufe unseres Lebens sind wir zahlreichen Chemikalien, Strahlung und Umweltgiften ausgesetzt. Sie alle können die zu Schäden im Erbgut führen. Häufen sich solche Schäden, können irreversibel geschädigte Zellen entstehen, die im schlimmsten Falle sogar zur Entartung führen und so Krebs auslösen können. Unser Körper besitzt zwar zahlreiche Reparaturmechanismen, doch diese werden mit zunehmendem Alter immer leistungsschwächer. Auch das eingebaute Selbstmordprogramm (Apoptose) unserer Zellen verliert im Alter seine Schlagkraft. Dies, so glauben die Experten, sei wohl der Grund, weshalb irreversibel geschädigte Zellen in einen Zustand der Seneszenz übergingen.

Seneszente Zellen teilen sich zwar nicht mehr und schützen den Körper so vor Krebs, sie schütten aber Signalstoffe aus, die das Immunsystem in Alarmbereitschaft versetzen. Doch selbst dieser letzte Hilferuf verkehrt sich im Alter nicht selten ins Gegenteil, weil auch die Leistungsfähigkeit des Immunsystems nach und nach schwindet. So werden aus dem Hilferuf chronische Entzündungen, die sich in benachbarte Zellen und Gewebe ausdehnen und dabei degenerative Prozesse, Krankheit und Alterung anstoßen. Soweit die Theorie!

Bestätigung der Theorien

Erste Hinweise, die obige Theorie bestätigen, stammen von der Mayo Clinic in Rochester, USA. Dort haben Darren Baker und Jan van Deursen schon 2011 Experimente zum Selbstmord seneszenter Zellen in einem gentechnisch-modifizierten Mausmodell durchgeführt. Neuere Studien der gleichen Gruppe konnten nun die Relevanz seneszenter Zellen für den Alterungsprozess bestätigen, wenn auch nur im Tiermodell. Die Versuchstiere zeigten nicht nur einen verzögerten Alterungsprozess, auch ihre gesunde Lebenszeit verlängerte sich deutlich.

Bei ihren Experimenten nutzten die Forscher die Tatsache, dass das Überleben seneszenter Zellen mit einem Protein namens p16Ink4a in Verbindung steht. In ihr Tiermodell bauten sie ein Transgen ein, dass bei Anwesenheit von p16Ink4a das Selbstmordgen Caspase synthetisiert. Allerdings nur dann, wenn sie zusätzlich eine synthetische Substanz verabreichten. Unter der Bezeichnung „Senolytica“ will van Deursen im Unternehmen UNITY Biotechnology nun synthetische Verbindungen entwickeln, die auch menschliche seneszente Zellen zum Selbstmord zwingen. Dass er solche Altersinhibitoren finden wird und dass sie uns in einer nicht allzu fernen Zukunft einen gesünderen und längeren Lebensabend bescheren werden, davon ist der Pionier überzeugt. Auch Amazon Gründer Jeff Bezos glaubt an Unity und hofft wohl auf einen langsameren Alterungsprozess. Über seinen Venture Capital Arm „Bezos Expeditions“ hat sich der Amazon CEO auch an der Finanzierung von Unity beteiligt.

Zu den Sternen fliegen und ewig leben

Im Start-up Oisin Biotechnologies beschäftigt sich Gary Hudson nach 40 Jahren in der privaten Raumfahrt nun mit seinem zweiten Jugendtraum: dem ewigen Leben. Ewiges Leben wird ihm seine Gentherapie zwar nicht bescheren, doch seneszente Zellen könnte auch er erfolgreich zum Selbstmord verleiten. Um seine Therapie dauerhaft anwendbar zu machen, setzt er auf eine nicht immunogene Genfähre, einen liposomalen Vektor. In diesen verpackt Hudson ein nur in seneszenten Zellen aktives Promotorgen, das ein benachbartes Selbstmordgen aktivieren kann.

Angst vor einer unspezifischen Wirkung der Gentherapie seien laut Hudson unbegründet, denn in nicht-seneszenten Zellen wäre das Promotorgen ja inaktiv und das Selbstmordgen würde nicht abgelesen. Bisher hat er seinen Ansatz nur in menschlichen Zellkulturen erfolgreich getestet, doch dabei soll es nicht bleiben. Nächster Meilenstein ist eine Verifizierung in verschiedenen Tiermodellen. Ob der Selbstmord seneszenter Zellen auch uns Menschen ein gesünderes und längeres Leben ermöglichen könnte, steht noch in den Sternen. Glaubt man den Experten, werden wir uns auch noch ein wenig gedulden müssen, denn bis die Hypothese auch im Menschen bestätigt ist, werden noch mindestens fünf Jahre vergehen.

Don't be shellfish...Share on Google+Share on LinkedInTweet about this on TwitterEmail this to someoneShare on Facebook