MagForce-Nano-Magnete verkochen Krebs

Kurz vor der Insolvenz sorgen Neuausrichtung und Personalwechsel für frische Investorengelder bei der deutschen MagForce.

Der Vergleich mit dem Phönix aus der Asche ist wohl bei kaum einem Unternehmen treffender als bei der Berliner MagForce. Im September 2007 notierte die Aktie bei 65 EUR. Der folgende sukzessive Abstieg ließ das Papier schließlich fast bis auf Penny-Stock-Niveau abstürzen. Kaum eine Geschichte zeigt eindrucksvoller, wer eine neue Therapie etablieren möchte, sollte Ärzte nicht ignorieren. Diese hatte MagForce im Rahmen seiner erfolgreichen CE-Zertifizierung von NanoTherm nämlich lange Zeit sträflich vernachlässigt.

Fr. Prof. Tawfik von MagForce

Fr. Prof. Tawfik von MagForce holt Mediziner mit an Bord. Copyright: H. Tawfik

So wundert es kaum, dass sich NanoTherm, trotz erfolgreicher CE-Zertifizierung, in der Klinik nicht durchsetzen konnte. Der Absturz der Aktie – eine logische Konsequenz. Dass die Insolvenz in letzter Minute abgewendet werden konnte, ist einer Neuausrichtung mit Personalwechsel, und einer darauf folgenden erfolgreichen Kapitalerhöhung zu verdanken. Der ehemalige Fresenius Medical Care CEO Ben J. Lipps und die Medizinerin Hoda Tawfik holen nun die Mediziner mit ins Boot.

Tumore verkochen im Magnetfeld

Das dreiteilige Therapiekonzept ist durchdacht und setzt auf das Konzept der Hyperthermie, nutzt allerdings deutlich höhere Temperaturen als diese. Das Medizinprodukt besteht aus der eigentlichen Nanotherapie NanoTherm, dem NanoActivator und der Therapieplanungssoftware NanoPlan. NanoTherm, eine Lösung mit speziell beschichteten Eisenoxid-Nanopartikeln (1 nm ist 1 Milliardstel Meter) wird direkt in das Tumorgewebe injiziert, wo die Partikel sofort agglomerieren.

Das so entstehende fest umgrenzte Areal wird anschließend im NanoActivator einem alternierenden Magnetfeld von 3 bis 12 Amper ausgesetzt, dieses ändert 100.000 Mal pro Sekunde seine Richtung und regt so die Nano-Magnete zu Schwingungen an. Die durch die Schwingungen entstehenden Temperaturen von bis zu 80° Celsius lassen Tumorzellen regelrecht verkochen. NanoActivatoren, die je 500.000 EUR kosten, stehen aktuell in drei deutschen Kliniken – der Charité in Berlin, dem Universitätsklinikum Münster sowie der Universitätsklinik in Kiel.

Vergangenheitsbewältigung

Die Strategie, sagt Hoda Tawfik, heißt Vergangenheitsbewältigung und die Medizinerin ist überzeugt mit einer neuen Studie endlich auch die Ärzte von NanoTherm zu überzeugen. Bei Investoren hat die Überzeugungsarbeit schon gefruchtet, wie die erfolgreiche Kapitalerhöhung im vergangenen Jahr beweist. 285 Patienten mit Glioblastom will MagForce in der neuen Studie therapieren, und, anders als in der Vergangenheit, waren führende Meinungsbildner, die so genannten Key Opinion Leader, von Anfang an mit eingebunden.

Kein Schnäppchen

Rund 20.000 EUR soll die NanoTherm Therapie einmal kosten – kein Schnäppchen. Dennoch sieht CEO Lipps sein 5-Jahres-Finanzziel bei 100-150 Millionen Euro Jahresumsatz. Der Fokus liegt zunächst auf zwei Indikationen – dem wiederkehrenden Glioblastom und dem Prostatakarzinom. Rund 30% der jährlich 133.000 diagnostizierten Glioblastome sind laut MagForce Rezidive und die globalen Therapiekosten summieren sich auf geschätzte 2 Mrd. EUR jährlich.

Magnetische Nanoteilchen werden direkt in den Tumor gespritzt

Magnetische Nanoteilchen zerstören Tumorzellen durch Hitze, wenn ein Magnetfeld angelegt wird. Copyright: MagForce

Als nächstes ist die CE-Zertifizierung von NanoTherm zur Behandlung des Prostatakarzinoms geplant. Die Chancen stehen laut Hoda Tawfik gut, denn in einer Kombination von NanoTherm und Brachytherapie konnten hier bereits erste Behandlungserfolge erzielt werden. Weltweit erkranken jährlich etwa 900.000 Männer am Prostatakarzinom. 57% der Diagnosen werden in der EU und in den USA gestellt, sagt MagForce. Die Gesamtkosten für die Therapie liegen bei schätzungsweise 10 Mrd. EUR.

Zahlen und Aussichten

Insgesamt 33,5 Mio. EUR flossen durch die Kapitalerhöhung in die MagForce-Kasse. Die nach Schuldentilgung verbliebenen Barmittel von 17,5 Mio. EUR fließen nun primär in die Glioblastom-Studie. Bei planmäßigem Verlauf ist auch eine Vermarktung von NanoTherm in den USA geplant.

Gewinne sollten, auch bei erfolgreich verlaufender Studie, also noch eine ganze Weile auf sich warten lassen. Glaubt man der britischen Investmentberatungsfirma Edison Investment Research, liegt der faire Wert der Firma bei 197 Mio. EUR und damit bei einem Aktienkurs 8,20 EUR. Stimmt die Prognose, wäre MagForce aktuell eine Wette auf steigende Kurse, denn das Papier notiert mit 5,60 EUR noch deutlich unter diesem Wert.

MagForce in Zahlen
CEO: Ben J. Lipps
Marktkapitalisierung: 134,06 Mio. EUR
Hauptindex: Börse Frankfurt / Entry Standard
Aktienkürzel: ISIN: DE000A0HGQF5, WKN: A0HGQF Symbol: MF6
Kurs in EUR: 5,60 (Stand: 28. Februar 2014)
52-Wochenhoch/52-Wochentief: 5,60 EUR / 1,79 EUR
Website: Webseite MagForce
Chart und Finanzdaten: Börse Frankfurt

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