Freispruch für die Milch!

Empirische Erhebungen aus den USA (NHANES (1)) zeigen einen Zusammenhang zwischen Osteoporose und der Ethnizität. Afroamerikaner besitzen demnach – trotz einer niedrigeren Calciumzufuhr – höhere Knochenmineraldichten als Mexiko-stämmige Amerikaner und Kaukasier. Auch die Skelett-Geometrie von Asiaten macht weniger anfällig für Hüftfrakturen und dafür anfälliger für Wirbelfrakturen.

Milch: Schutz- oder Risikofaktor bei Krankheiten?

Die Zahl von Studien wächst inflationär, was heute noch Stand der Forschung ist, kann morgen bereits obsolet sein. Bisherige Studien (Recherchezeitraum 2014) sprechen eher für präventive Effekte des Milchverzehrs.

So nimmt das Risiko für Koronare Herzkrankheit und Schlaganfall durch Verzehr von Milch und Milchprodukten nicht zu. Diverse Studien beobachten bei Kardiovaskulären Erkrankungen sogar ein sinkendes Risiko. Gleiches gilt für den Blutdruck – wie die DASH-Studie (2) zeigt: Werden einer obst- und gemüsereichen Ernährung zusätzlich fettarme Milchprodukte zugesetzt, sinkt der Blutdruck deutlicher als ohne diese. Auch das Risiko für Typ 2 Diabetes wird durch Milch eher reduziert.

Und bereits ein Glas Milch täglich kann das Risiko für Dickdarmkrebs verringern. Erste Hinweise einer präventiven Wirkung von Käse gibt es bei Brustkrebs. Die in der Grundlagenforschung aufgespürten Mechanismen schreiben eine mögliche krebsschützende Wirkung dem Calcium, einigen milchtypischen Fette wie CLA (konjugierte Linolsäure) sowie Kaseino- und Molkenpeptiden zu.

Ein Zusammenhang zwischen Milchverzehr und Erkrankungen wie Adipositas oder metabolischem Syndrom ist bisher nicht zweifelsfrei verifiziert. Vorsicht ist beim Prostatakarzinom geboten.

Hier zeigen Studien: Unphysiologische Calciumkonzentrationen im Blut stehen mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko in Verbindung. Um die beobachteten Calciumspiegel zu erreichen, müssen Männer aber mehr als 1,5 Liter Milch täglich trinken.

Auch der Beweis für einen direkten Zusammenhang zwischen einem zu hohen Calciumspiegel im Blut und dem Calciumgehalt in der Ernährung steht noch aus.

Weniger Allergien durch Rohmilch

Warum sind Allergien unter Landkindern seltener als unter Stadtkindern? Studien weisen auf einen Zusammenhang mit den in Rohmilch unveränderten Molkenproteinen hin. In Konsummilch werden diese Proteine durch konventionelle Erhitzungsverfahren teilweise denaturiert. Molkenproteine sollen am Aufbau der Darmflora beteiligt sein und diese die Reifung des kindlichen Immunsystems beeinflussen.

Trotz der Hinweise auf einen Allergieschutz warnen die WHO und viele andere Institutionen vor Rohmilchverzehr, da sie die Gefahren durch pathogene Keime deutlich höher einschätzen.

Unterschlagen werden darf nicht: Kuhmilch ist nach dem Hühnerei das zweitwichtigste Allergen in Nahrungsmitteln bei Kindern – auch wenn nur 0,2 bis 7 Prozent betroffen sind.

Bei einer allergologisch diagnostizierten Milchproteinallergie ist Milch tabu.

Milch als Sportgetränk?


Sportgetränke wie IsoGel, Isostar, Powerade oder Multipower stehen hoch im Kurs. Gemein haben die oftmals überteuerten Produkte eines – sie versprechen Hochleistungen bei Kraft- und Ausdauersport.

Erste Studien zeigen nun: Fettarme Milch – die in ihrer Zusammensetzung einem Sportgetränk sehr ähnlich ist – schneidet nicht schlechter, teilweise sogar besser ab.

Die Aminosäurezusammensetzung des Milchproteins wirkt sich bei Kraft- und Ausdauersportarten positiv auf den Erholungsprozess aus: Dies liegt u. a. an der Aminosäure Cystein, einem Bestandteil des körpereigenen Antioxidans Glutathion, das freie Radikale in Schach hält und so für eine beschleunigte Erholung sorgt. 

Im Kraftsport erhöht Milch die Muskelhypertrophie wie das Wachstum von Typ-II-Muskelfasern.

Im Ausdauersport ist Milch beim Abruf zusätzlicher Leistung konventionellen Sportgetränken sogar leicht überlegen. Beides ist gut untersucht und auf die in Milchproteinen zahlreich vorkommenden BCAA (verzweigtkettige Aminosäuren) zurückzuführen. BCAA wie das Leucin wirken nicht nur anabol und antikatabol, sie können bei Anstrengung auch zur Energiegewinnung genutzt werden.

Und auch die Wiederherstellung des Flüssigkeitshaushaltes nach einem dehydrierenden Training gelingt durch fettarme Milch besser. Grund: Durch die höhere Nährstoffdichte besitzt Milch im Vergleich zu nährstoffärmeren Flüssigkeiten eine längere Verweildauer im Magen. Um das präventive Potenzial von Milchprodukten voll auszuschöpfen, reichen bereits die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlenen 200 bis 250 g Milch und Milchprodukte sowie 50 – 60 g Käse täglich.

(1) National Health And Nutrition Examination Survey
(2) Dietary Approaches to Stop Hypertension

Die Autorin war maßgeblich an der genannten Literaturstudie beteiligt und hat die Kurzpublikation “Freispruch für die Milch!” verfasst. Im Rahmen eines geplanten Buches über Milch sucht die Autorin noch potenzielle Sponsoren und freut sich über Anfragen. Kurzpublikation und Literaturliste stehen unter www.kern.bayern.de zum kostenlosen Download bereit.

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