Bald Realität, die künstliche Zunge

Details zu den verwendeten Genen seien auf Grund laufender Patentverfahren noch „Confidential“, erklärt Krohn auf Nachfrage. Bei der anschließenden Charakterisierung gaben sich die immortalen Zellen als Bitterzellen zu erkennen, die 15 der insgesamt 25 natürlichen Bitterstoffrezeptoren trugen. In einem etablierten Highthroughput-Assay bewies die Zelllinie schließlich ihre Analogie zu endogenen Geschmackszellen.

„Momentan erweitern wir diese Technologie innerhalb der Innovationsallianz NatLifE, einem Zusammenschluss von mehr als 17 Partnern aus Industrie und akademischer Forschung. Neben der Erarbeitung der molekularen Werkzeuge zur selektiven Anreicherung von Geschmackszellen aus Biopsiematerial ist unser erklärtes Ziel, möglichst alle Geschmackszellrichtungen als stabile Zellsysteme darzustellen“, sagt Krohn.

Aromensuche im Großmaßstab

Eine stabil proliferierende Zelllinie menschlicher Geschmackszellen ist ein ausgezeichnetes Werkzeug um Geschmacksrezeption und Mechanismen der Signaltransduktion weiter zu erforschen. Ein hohes Interesse an Modellsystemen ähnlich der menschlichen Zunge hat auch die Industrie, die sich dadurch eine sehr viel schnellere und damit effizientere Aromenentwicklung verspricht. Mit der „ScreenLine Technology“ ist BRAIN eine spannende Alternative zur menschlichen Zunge gelungen.

Ob die „künstliche Zunge“ tatsächlich das Potenzial besitzt, Sensoriker als Geschmacks- und Aromaforscher aus den Laboratorien zu verdrängen, bleibt abzuwarten. Dass der ursprünglich als nicht automatisierbar geltende Prozess der Aroma- und Geschmacksstoffentwicklung mit einem passenden Modellsystem sehr wohl in den Industriemaßstab überführbar ist, konnte BRAIN mit „ScreenLine“ beweisen. Ob der Prozess allerdings in großem Maßstab in die Lebensmittelindustrie Einzug halten wird, muss die Zukunft zeigen.

Keine Innovation ohne ausreichende Finanzierung

Wie die allermeisten Innovationen, so wäre auch dieser Durchbruch nicht ohne wohlwollende Investoren möglich gewesen. Die Initiierung des Projektes ist Fördermitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zu verdanken, das im Rahmen des Forschungsprojektes „Genomik Plus“ Geld für die Suche nach Zellen zur Testung der Wirkung verschiedener Stoffe locker machte. Neben staatlichem Kapital floss und fließt aber auch Private Equity in die BRAIN AG – und das nicht zu knapp.

Im vergangenen November haben die MIG Fonds, die MP Beteiligungs-GmbH sowie weitere Investoren rund 60 Millionen Euro zur Beschleunigung der „Buy and Built“ Strategie investiert. Diese Rekordfinanzierung für ein deutsches Unternehmen der industriellen Biotechnologie soll zum Umbau vom reinen Forschungs- in ein Industrieunternehmen genutzt werden. Die „ScreenLine Technology“ ist der erste Schritt in diese Richtung. Der Auszeichnung der Standortinitiative „Deutschland – Land der Ideen“ in 2008, einer von „365 + 1 Orten im Land der Ideen“ zu sein, wird BRAIN auf jeden Fall gerecht.

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