Hilft ZMAPP gegen Ebola?

Die Antikörpermixtur ZMAPP ist Hoffnungsträger im Kampf gegen Ebola und
ein erfolgreiches Beispiel für internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit.

Mehr als 2.600 Infizierte, rund 1.400 Tode – und kein Ende in Sicht. Seit Monaten wütet in Westafrika ein lautloser Killer aus dem Regenwald. Bisher hatten Mediziner dem nur etwa 14 µm langen RNA-Virus Ebola, der ein lebensbedrohliches hämorrhagisches Fieber auslöst, nicht allzu viel entgegen zu setzen. Eine ausreichende Versorgung mit Flüssigkeit, Elektrolyten, Nahrungsersatzstoffen sowie Schmerz- und fiebersenkenden Mittel waren alles, was Infizierte sich erhoffen konnten.

Aufbau des Ebola-Virus

Aufbau des Ebola Virus. Copyright: Wikipedia

Doch nun hat mit ZMAPP ein aussichtsreicher Kandidat gegen den unsichtbaren Feind die Bühne betreten. Der experimentelle Antikörper-Cocktail ist außerdem ein erfolgreiches Beispiel für internationale Zusammenarbeit: Mit Produktions-Know-how aus Österreich und Deutschland wurde ZMAPP von zwei Biotechnologie-Unternehmen aus den USA und Kanada entwickelt. Wir werfen einen Blick hinter die Kulissen.

Passive Immunisierung

Selbst gegen die tödlichsten Viren ist ein Kraut gewachsen. Meist bekämpfen wir die winzigen Feinde mit Impfstoffen und setzen dabei auf eine sehr effiziente Waffe – unser Immunsystem. Fehlen Impfstoffe, setzt die Medizin auf einen Prozess, der sich passive Immunisierung nennt. Dabei werden spezifische Antikörper verabreicht, die den Kampf gegen den unsichtbaren Feind sofort aufnehmen können.

Zu Letzteren zählt auch der Hoffnungsträger ZMAPP, ein Cocktail aus drei gentechnisch hergestellten humanisierten Maus-Antikörpern, die wichtige Proteine des Ebola-Virus ausschalten sollen. Der Hoffnungsträger ist ein Kooperationsprojekt zwischen dem US-Unternehmen Mapp Biopharmaceuticals und der Kanadischen Defyrus Inc. und wurde mit Know-how aus Europa entwickelt. Noch ist ZMAPP experimentell, getestet nur in Affen, doch erste Ergebnisse lassen aufhorchen.

Ein im August 2013 von Mapp Biopharmaceutical publizierter Artikel spricht von 43 Prozent überlebender Versuchstiere. Ganz ähnliche Ergebnisse kommen von Defyrus Inc., die bei einer Behandlung innerhalb von 24 Stunden nach der Infektion sogar von 100 Prozent überlebender Versuchstiere sprechen. Eine Therapie mit der Antikörpermischung 48 Stunden nach der Infektion soll immerhin noch 50 Prozent der Tiere vor dem sicheren Tod bewahrt haben.

Humanisierte Maus-Antikörper

Der Synthese solch spezifischer Antikörper gehen langwierige Forschungen mit einem der gefährlichsten Viren voraus – das ist die eigentliche Herausforderung. Die anschließende Antikörper-Synthese ist dagegen ein etablierter Prozess und gängige biotechnologische Praxis: Die aufgespürten Ebola-Proteine werden in Labormäuse injiziert, wo sie die Synthese der spezifischen Antikörper durch das Immunsystem anregen. Diese werden dann isoliert und gereinigt.

Da Maus-Antikörper vom menschlichen Immunsystem als Fremdprotein erkannt und attackiert werden, ist eine Humanisierung meist unumgänglich. Dabei werden die Antikörper genetisch derart modifiziert, dass sie menschenähnlicher werden und so unser Immunsystem ein wenig austricksen. Derart modifizierte Antikörper könnten als passive Immuntherapie auch im Menschen das tödliche Ebola-Virus zur Strecke bringen.

Plantibodies zum Scale-up

Die Produktion von Antikörpern in Säugerzellen ist eine geeignete Methode für den Labormaßstab – meist aber wenig effizient und zu teuer für eine Großproduktion der Antikörper. Für das notwendige Scale-up haben sich die Entwickler von ZMAPP deshalb für eine Methode aus der grünen Biotechnologie – Plantibodies – entschieden, die beim deutschen Unternehmen Icon Genetics GmbH optimiert wurde. Die schnelle Produktion von Säuger-Antikörpern in Pflanzenzellen ist nicht nur effizient, sondern auch kostengünstig.

Tabakpflanzen zur Herstellung eines Ebola-Wirkstoffes

Die Tabakpflanze zur Herstellung von Zmapp. Copyright: S. Hörrlein

Dazu werden die Gene der Antikörper in einen passenden Wirtsorganismus eingeschleust, wo dessen Protein-Maschinerie eine möglichst große Menge davon synthetisiert. Im Falle von ZMAPP griffen die Forscher auf genetisch veränderte Tabakpflanzen aus Österreich zurück. Herta Steinkellner von der Universität für Bodenkultur in Wien lieferte diese speziellen Tabakpflanzen, die dem rekombinanten Antikörper posttranslational ein passendes Glykosylierungsmuster aufdrücken.

Der genetische Bauplan der zuvor humanisierten Maus-Antikörper wurde mit den Genen des Tabakmosaikvirus fusioniert und die gesamte genetische Information in die Tabakpflanzen eingeschleust. Nach nur einer Woche sollen sich auf diese Weise bis zu 2,5 Gramm rekombinantes Protein aus jedem Kilogramm Tabak isolieren lassen.

Wirkung noch nicht gesichert

Ob die mit Ebola infizierten US-Mediziner Kent Brantly und Nancy Writbol ihr Leben tatsächlich ZMAPP verdanken oder es auch aus eigener Kraft geschafft hätten, konnte bisher nicht hinreichend geklärt werden. Grund: rund 40 Prozent der Infizierten konnten dem Tod bisher auch ohne jeden Wirkstoff von der Schippe springen. Ungeachtet dessen setzt sich die WHO (Weltgesundheitsorganisation) für die Verabreichung des experimentellen Wirkstoffes ein, auch wenn damit bisher gerade einmal sechs Patienten therapiert wurden.

Kurzfristig wird sich dies auch kaum ändern, denn die ZMAPP-Vorräte sind aufgebraucht. Kentucky BioProcessing, zum US-Tabakkonzern Reynolds gehörend und ebenfalls an der Entwicklung beteiligt, will zwar demnächst in riesigen Gewächshäusern für Nachschub sorgen, doch die aktuelle Epidemie wird dies kaum tangieren. Laut WHO sollen bis Jahresende nämlich gerade einmal 50 Dosen ZMAPP zur Verfügung stehen – ein Tropfen auf dem heißen Stein.

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