Forum Life Science: die Welt zu Gast in Bayern

Forum Life Science: Industrielle Nahrung, Fluch oder Segen?

Mit Nachhaltigkeit wirbt auch die Lebensmittelindustrie, allen voran der Schweizer Nestlé Konzern. Für Werner Bauer, Nestlé S.A., Vevey, Schweiz, sind Nutrigenomics, Sustainable Nutrition und Fortified Food die Lösungen globaler Ernährungsprobleme. Allerdings sprechen die Zahlen, die Hans Hauner (Direktor des Else Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin) präsentiert, eine andere Sprache. Und der Ernährungsmediziner spricht Klartext. Industrienahrung ist für Hauner nicht die Lösung sondern das eigentliche Problem des Teufelskreises aus Überernährung, Stoffwechselentgleisung, Adipositas und Diabetes. Erst die industrielle Lebensmittelproduktion, in Kombination mit einer oftmals irreführenden Vermarktung, hat in der westlichen Welt einen krankmachenden Lebensstil forciert.

Und die Zahlen geben ihm Recht, alleine in Deutschland gehen rund 30 % aller Ausgaben im Gesundheitssystem auf Kosten ernährungsbedingter Krankheiten. Ein großer Teil der Todesfälle in der westlichen Welt steht direkt mit den Folgen der Industrienahrung in Verbindung. In der Kalorienanreicherung durch Prozessierung sieht Adipositas-Experte Hauner ein großes Problem. Haben 200g Kartoffeln noch 140 kcal, schlagen bei der gleichen Menge Kartoffelchips schon satte 1080 kcal zu Buche. Die Folgen dieser Entwicklung sind offensichtlich: Übergewicht, Fettstoffwechselstörungen, Typ 2 Diabetes, Herzkreislauferkrankungen und sogar Krebs. Neuere Studien zeigen sogar, die oftmals gepriesene Supplementierung ist nicht nur wirkungslos sondern häufig sogar kontraproduktiv. Ein Beispiel ist die Calcium-Supplementierung, die das Sterberisiko für Herzkreislaufkrankheiten um 10 bis 15 % erhöhen kann.

Forum Life Science: Kampf gegen überflüssige Pfunde

Weniger Kalorien bei ungetrübtem Genuss, verspricht Hermann Eibel, Experte für Käsetechnologie beim Lebensmittelmulti Kraft Foods. Mondeléz International, die Abspaltung des Konzerns für den europäischen Markt, setzt voll auf den Trend fettreduzierter Ernährung und forscht an neuen Fettaustauschstoffen. Aktuell favorisiert der Käseexperte Eibel den Austausch bestimmter Fettfraktionen im Milchfett durch Proteine oder Polysaccharide. Die Herausforderung einer Fettreduktion bei vollem Geschmack, setzt laut Eibel komplexe lebensmitteltechnologische Verfahren voraus.

So müssen die zum Einsatz kommenden Molkenproteine und Caseine für ein fettähnliches Mundgefühl eine ganz bestimmte Größe aufweisen. Das erfordere extreme Temperaturen und pH-Werte. Hoffnungsvoll, wohl auch weil billiger, sieht Mondeléz den Ersatz von Milchfett durch Polysaccharide. Exopolysaccharid synthetisierende Mikroorganismen scheinen hier die erste Wahl zu sein. Auch wenn die Struktur der Exopolysaccharide und deren Stoffwechsel im menschlichen Gastro-Intestinal-Trakt noch nicht hinreichend erforscht sind – Eibel ist vom Erfolg solcher Produkte überzeugt.

Forum Life Science: Schonend konservieren

Thomas Pfeiffer vom Fraunhofer Institut in Freising interessiert sich weniger für die Inhaltsstoffe von Lebensmitteln als für deren Haltbarkeit. Noch immer, so sagt er, sei die Erhitzung – die häufig zu Hitzeschäden im Lebensmittel führe – ein industrieller Standardprozess. Mit einer wiederentdeckten Methode, der Radiofrequenz, möchte er das ändern. Die große Eindringtiefe von mehr als 30 Zentimetern ermöglicht nicht nur eine sehr effiziente Konservierung sondern eignet sich auch für verpackte Lebensmittel, ein Novum in der Hitzekonservierung.

Einzige Voraussetzung, so Pfeiffer, die Verpackung müsse durchlässig für das elektrische Feld sein. Zwischen den Elektroden eines Plattenkondensators –  zur Erhöhung der Leitfähigkeit mit Wasser geflutet – wird das verpackte Lebensmittel platziert. Bei einer Prozesstemperatur von zwischen 78° und 88° C wird das Produkt in nur einem Zehntel der Zeit der Standardkonservierung haltbar gemacht, auf Grund der geringeren Temperatur mit deutlich weniger Hitzeschäden im Endprodukt. In seiner Pilotanlage, die der Keim für eine Firmenausgründung sein soll, geht Pfeiffer schon einen Schritt weiter. Sein Ziel, Wurst künftig in einem Schritt zu garen und zu konservieren. Erste Versuche seien vielversprechend und stießen auf großes Interesse in der Industrie.

Don't be shellfish...Share on Google+Share on LinkedInTweet about this on TwitterEmail this to someoneShare on Facebook